PDS-Parteitag: Auf der Agenda steht Streit

Ärger über die von der Fraktion akzeptierten höheren Kita-Gebühren drängt neues Parteiprogramm in den Hintergrund

Bei der Corvus GmbH in ihrem hufeisenförmigen Komplex in Lichtenberg ist üblicherweise Integration und Gemeinsamkeit unter einem Dach angesagt. Wenn morgen die Berliner PDS mit ihrem Parteitag bei dem Jugendhilfeträger gastiert, sieht es danach nicht aus. Landes- und Fraktionschef Stefan Liebich erwartet heftige Diskussionen über die Kita-Gebühren, der Abgeordnete Michail Nelken beantragt offiziell, ihre Erhöhung zurückzunehmen. In der PDS-Fraktion hatte es zur Erhöhung 21 Ja-, 2 Neinstimmen und 7 Enthaltungen gegeben.

Liebich will auf jeden Fall an der vom rot-roten Senat, aber noch nicht vom Parlament beschlossenen Erhöhung festhalten. Einlenken will er aber in einem Teilbereich, der besonders kritisierten starken Verteuerung der Krippenplätze. Mit ihr ist er selbst nicht glücklich: „Es war die SPD, die darauf bestanden hat, dass wir dem als Teil des Gesamtpakets zustimmen.“

Nach einem jüngsten Treffen mit der SPD-Fraktionsspitzen sieht Liebich jetzt Bewegung bei den Krippengebühren. „Es hat sich abgezeichnet, dass beide Fraktionen Interesse haben, die Entscheidung rückgängig zu machen.“ Sparen lasse sich ersatzweise etwa beim Landesschulamt. Er könne aber nicht für die SPD-Fraktion sprechen, „fragen Sie da lieber noch mal nach“. Dort blockt man in der Pressestelle ab: „Zu den Kita-Gebühren sagen wir jetzt gar nichts, das wird erst noch ausdiskutiert.“

Heute schon wollen sich tausende Eltern ab 14.30 Uhr mit der Aktion „Längste Windel der Welt“ am Roten Rathaus gegen die Erhöhung wehren. Die PDS-Bundestagsabgeordnete und Lichtenbergs Parteichefin Gesine Lötzsch würde es nicht wundern, wenn Eltern auch beim Parteitag demonstrieren. „Und das kann dann schon Eindruck auf die Delegierten machen.“ Vor allem, weil die Erhöhung gerade mal 12,4 Millionen Euro einsparen soll. „Da muss man sich schon fragen, ob sich der ganze Ärger lohnt. Die Herzen der Menschen gewinnt man damit nicht.“

Lötzsch erwartet, dass der Sparkurs des rot-roten Senats für wesentlich mehr Diskussionen sorgen wird als das neue Parteiprogramm. Dafür will am Sonntag PDS-Bundeschef Lothar Bisky werben. Landeschef Liebich stellt sich ausdrücklich hinter den Entwurf. Der sei eine Tür für die PDS, 2004 wieder ins Europaparlament einzuziehen und 2006 in den Bundestag zurückzukehren. „Ob wir durch diese Tür hindurchgehen, wird sich in Chemnitz zeigen.“ Dort kommt die PDS am 25./26. Oktober zum Bundesparteitag zusammen.

Liebich und Lötzsch gehen davon aus, dass Biskys im Juli aufgetauchte Stasi-Karteikarte in den Rosenholz-Dateien keine Rolle spielen wird. Die Diskussion darum sei schon im Sommer im Landesverband auf Unverständnis gestoßen, sagte Liebich. Bisky werde morgen „freundlich und herzlich“ empfangen werden. „Ich halte es für falsch, anhand dieser Akten Biografien von Menschen zu bewerten.“

Die für Sonntag eingeladenen 147 PDS-Delegierten werden nur noch knapp über 11.000 Mitglieder vertreten. Der PDS-Landesverband hat damit seit 1997 über ein Drittel seiner Genossen verloren. Dafür sind vorrangig Todesfälle verantwortlich: Zwei von drei Mitgliedern sind über 65 Jahre alt. STEFAN ALBERTI