Verkaufsschlager Schwedenkrimis

Im In- und Ausland werden schwedische Krimiautoren wie Marklund, Mankell oder Nilsonne stark nachgefragt

Für Nachschub scheint gesorgt. Jährlich werden über fünfzig neue schwedische Kriminalromane veröffentlicht. Debütanten kommen auf den Markt, und die bereits Etablierten schreiben sich die Finger wund. Natürlich mit altbekannten Kommissaren: Ein Mankell-Buch ohne Kurt Wallander – kaum denkbar. Als dieser sich verabschiedete und seine Tochter Liza Wallander nachrücken ließ, war zunächst die Unruhe groß.

Auch Liza Marklund sorgt in ihren Kriminalromanen für Wiedererkennungseffekte. Bereits zum fünften Mal ist Reporterin Annika Bengtzon mit dabei. Gestresst von der Arbeit bei einer Boulevardzeitung gerät sie dennoch – oder gerade deshalb – immer in die unmöglichsten Situationen, aus denen sie sich mehr oder weniger geschickt herauslaviert.

Angefangen hat alles mit Maj Sjöwall und Per Wahlöö, die dem schwedischen Krimi zum internationalen Durchbruch verhalfen. Ihre zwischen 1965 und 1975 geschriebenen zehn Romane schildern nicht nur die Arbeit der Polizei, sondern liefern zugleich eine treffsichere wie ironische Beschreibung der schwedischen Demokratie der 60er- und 70er-Jahre. Die graue Eminenz ihrer Werke, Kommissar Beck, ein ehrgeiziger, einsamer Mann mit problematischem Liebes- und Privatleben, gewinnt rasch die Sympathie der Leser, weil Offenheit, verknüpft mit einer Portion Melancholie, stilbestimmend ist.

Nach 1986 galt die Aufmerksamkeit dem Fernsehjournalisten Jan Guillou, der mit seinen Erzählungen über den heimlichen schwedischen Militäragenten Coq Rouge lange Zeit den schwedischen Krimimarkt dominierte. Diese Erfolgsperiode ist nun passé, allerdings macht Guillou noch immer gern in Debatten von sich reden.

Henning Mankell, Schriftsteller mit Wohnsitz in Schweden und Afrika, setzt hingegen die Sjöwall/Wahlöö-Tradition fort. Seine durchdachten, gut formulierten Krimis bieten neben Unterhaltung auch literarische Tiefe. Denn in Gestalt des ausgelaugten Kommissars Wallander decken Mankells Krimis gesellschaftliche Miseren auf. K.o. fühlt sich auch Monika Pedersen, Polizeiinspektorin in Åse Nilsonnes Trilogie. Bei Inspektorin Pedersen äußert sich das Burn-out-Syndrom in der Beunruhigung über Einsparungen bei der Polizei. Autorin Åse Nilsonne ist im bürgerlichen Beruf Psychiaterin – man spürt Reste davon in ihren Büchern. Denn bei ihr bilden Medizin und Tod eine literarische Einheit: Die einen wollen Leben erhalten, die anderen wollen es zerstören.

Gern gelesen wird in Schweden wie auch in Deutschland Håkan Nesser, dessen Bücher sich so gut verkaufen, dass der 53-Jährige seinen Lehrerjob an den Nagel hängen konnte. In Kürze erscheint der letzte Teil seiner in einem fiktiven europäischen Land spielenden Serie über den grübelnden Kommissar Van Veeteren, der gern unkonventionelle Wege beschreitet.

Krimi-Frauen sind im Kommen. Nummer eins ist Liza Marklund, die im hauseigenen Piratverlag publiziert und sich zugleich auf dem Buchumschlag abbilden lässt. Doch ihr Marketing kann nicht den schlechten literarischen Stil verdecken, der sich durch ihre Werke zieht. Die Literaturkritik stößt sie nach anfänglichen Lobeshymnen allmählich vom Thron. Dabei galt sie als viel versprechende Literatin, der 1998 der Debütantenpreis für ihren Krimi „Olympisches Feuer“ verliehen wurde. Ein inhaltlich spannendes Buch, in dem Hauptperson Annika vom Täter mit einer Ladung Dynamit als Geisel genommen wird. Zugleich bietet es Einblick in die Arbeit und Stimmung einer Zeitungsredaktion. Genau solche Schilderungen aus dem gewöhnlichen Alltagsleben verleihen schwedischen Krimiautoren internationalen Glanz.

INÊS LOHR