Gesundes Geld für kranke Kassen

SPD will für die Bürgerversicherung eine Steuer auf Kapitaleinkünfte erheben. Ulla Schmidt: „Gerechteste Lösung“. Grüne: Auch Reiche erwischen. Union: Gefahr für Standort Deutschland

BERLIN taz ■ Wer Kapital hat, soll damit für die Bürgerversicherung zahlen – und zwar am liebsten über Steuern. Dies ist das Ergebnis der SPD-Arbeitsgruppe zur Bürgerversicherung, die gestern abschließend tagte und nach heftigen Diskussionen einen 80-seitigen Bericht ohne Gegenstimmen verabschiedete. Aus Kreisen der Arbeitsgruppe verlautete, vor allem Gesundheitsministerin Ulla Schmidt habe versucht, den Bericht zum bloßen „Zwischenstand“ abzuwerten. Nun wird sich am Wochenende der Parteivorstand damit befassen.

Formal enthält der Bericht zwei Möglichkeiten, wie das Gesundheitswesen auf festere finanzielle Füße gestellt werden kann. Die erste Alternative: Kassenbeiträge werden wie bisher prozentual vom Lohn und in einer zweiten „Säule“ außerdem auch von Kapitaleinkünften – Zinsen und Dividenden, nicht aber von Mieten – abgezogen. Ein Problem daran ist, dass die Krankenkassen dann eine Art zweites Finanzamt würden.

Deshalb tendieren Arbeitsgruppe wie SPD-Spitze bereits jetzt zu der zweiten Möglichkeit: Man lässt gleich das Finanzamt die Arbeit machen. Die Steuern auf Kapitalerträge werden erhöht, indem entweder die bestehende Kapitalabschlagsteuer um sieben Prozent angehoben wird. Oder es wird gleich eine ganz neue Kapitalpauschalsteuer geschaffen.

„Die Alternativen sind kurzfristig umsetzbar und unbürokratisch“, warb der Gesundheitsökonom Karl Lauterbach gestern für das Konzept, das er maßgeblich erarbeitet hat. Es sieht auch vor, die Grenze zwischen gesetzlicher und privater Versicherung abzuschaffen. Junge Beamte sollen in die gesetzlichen Kassen, schon Verbeamtete sollen wählen dürfen.

Schmidt bezeichnete die Steuerlösung als „die gerechtere Lösung“. Die Belastung der Kapitalerträge sei in Ordnung. „Es ist nicht so, dass alle dicke Konten hätten.“ Bei etwa 1,7 Millionen Menschen mit Kapitalvermögen von über 50.000 Euro sei das „kein Massenproblem“. Grünen-Fraktionschefin Krista Sager erklärte der taz, „ein Pluspunkt“ des Steuervorschlags sei: „Man erfasst auch die Privatversicherten“ – die ja vor allem über Kapital verfügen. Allerdings, sagte Sager, müsse dafür gesorgt sein, dass die Kapitaleinkünfte gleichmäßig erfasst werden. Gegenwärtig zahlen vor allem Menschen mit mittleren Zinseinkünften darauf viele Steuern. Die wirklich Reichen entziehen sich.

Der CDU-Finanzpolitiker im Bundestag Michael Meister erklärte gestern: „Das auch von der Bundesregierung verfolgte Ziel, den Standort Deutschland für Kapitalanleger attraktiver zu machen, wird durch solche Überlegungen komplett konterkariert.“

UWI

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