DVG tritt auf Bremse

Duisburger Busse sollen demnächst an der Stadtgrenze stoppen. Der Betriebsrat reagiert damit auf die Privatisierung der benachbarten NIAG

„Wir befürchten jetzt eine verkehrstechnische Insellage“

VON HOLGER PAULER

„Stadtgrenze Moers, die Linie endet hier, alles aussteigen“. Weiter mit dem Taxi oder zu Fuß. So ähnlich könnte es demnächst nach Willen des Betriebsrats der Duisburger Verkehrsgesellschaft (DVG) aussehen. Dann nämlich, wenn der Kreis Wesel die Erlaubnis erhält, das niederrheinische Verkehrsunternehmen NIAG an das Unternehmen Rhenus-Keolis verkaufen zu dürfen. In einer geheimen Abstimmung haben CDU und FDP im Kreistag die Privatisierung bereits beschlossen. Die Bezirksregierung Düsseldorf will die Vergabe im September überprüfen. Rhenus ist eine Tochter des Müllentsorgers Rethmann, Keolis gehört zur französischen Staatsbahn. Das Unternehmen betreibt in der Mosel-Saar-Region, in Ostwestfalen und in Sachsen den Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV).

„Unsere Linien werden im Falle eines Verkaufs an der Stadtgrenze Duisburg halt machen“, sagt DVG-Betriebsratschef Alexander Graf von Schwerin. „Das Angebot von Rhenus-Keolis ist nicht seriös“, glaubt er. Er befürchtet vor allem eine Aushebelung der Tariflöhne. „Rhenus-Keolis wirbt damit, die bisherigen Tarifabschlüsse für die NIAG Mitarbeiter bestehen zu lassen, obwohl alle anderen Unternehmen schon jetzt Einschnitte machen müssen“, sagt Schwerin. Der Boykottaufruf sei als Reaktion darauf zu sehen.

„Das ist doch gar nicht möglich“, sagt die Landrätin des Kreis Wesel, Birgit Amend-Glatschnig (CDU). Man könne nicht so einfach den Linienverlauf verändern. Die DVG sei durch die Bezirksregierung an Konzessionen gebunden. „Änderungen könnte allenfalls die Stadt Duisburg in einem neuen Nahverkehrsplan vorschlagen“, glaubt Amend-Glatschnig. Der Kreis Wesel habe beschlossen, die NIAG-Mehrheit an Rhenus-Keolis zu verkaufen, da angeblich keine angemessenen Alternativ-Angebote vorgelegen hätten.

„CDU und FDP im Kreis privatisieren doch alles, was nicht schnell genug auf dem Baum ist“, sagt Günter Crefeld, Fraktionsvorsitzender der SPD im Kreis Wesel. „Was zählt, ist der Erlös, der beim Kauf erzielt wird.“ Auf Bürgerinteressen werde keine Rücksicht genommen. Dabei hätten andere Bieter hätten Interesse. So unterbreiteten die DVG, die Krefelder Verkehrsgesellschaft (KREVAG), das niederländische Unternehmen Connexion und diverse Unternehmen aus dem Münsterland ernsthafte Angebote. Die schwarz-gelbe Mehrheit winkte jedoch ab. „Wir befürchten jetzt eine verkehrstechnische Insellage“, sagt Crefeld. „Rhenus-Keolis betrachten den ÖPNV doch nur als Nebenprodukt.“ Das Unternehmen sei vielmehr an der Logistik interessiert. Die NIAG hat am Rhein mehrere Container-Umschlagsplätze. Rhenus erhoffe sich durch den Kauf Vorteile im Containergeschäft.

Alexander Graf von Schwerin, selbst Mitglied der CDU, wirft seinen Parteikollegen im Kreis Wesel „mangelndes Demokratieverständnis“ vor. „Das andere Angebot wurde nicht einmal angehört“, so Schwerin. Zusammen mit anderen Partnern, glaubt Schwerin, hätte sich die Möglichkeit ergeben, ein Nahverkehrsgebiet zu schaffen, das vom Osten der Niederlande mit Städten wie Arnheim, Nimwegen und Venlo bis ins westliche Westfalen gereicht hätte. Sogar EU-Mittel seien drin gewesen. Jetzt befürchtet er durch den Zuschlag für Rhenus-Keolis einen Angriff auf das Nahverkehrsnetz im Ruhrgebiet. „Die werden vor den Stadtgrenzen nicht halt machen.“