Last Exit Gotteshaus

Immer noch notwendig – Kirchenasyl in Bremen wird 25

So altertümlich es auch anmutet – das Kirchenasyl stellt aufgrund immer schärferer Asylbestimmungen auch heute noch eine letzte Zuflucht für von Abschiebung bedrohte Menschen dar. Der erste Fall von Kirchenasyl in Bremen liegt nun 25 Jahre zurück. Selahattin Biyikoglu, von der türkischen Militärregierung verfolgt, blieb 1984 von der Ausweisung verschont. Die Zionsgemeinde in der Neustadt, die ihn damals aufnahm, erinnert aus diesem Anlass an die fortwährende Aktualität.

Tatsächlich bliebe die Aufnahme abgelehnter Asylbewerber in Kirchen bis heute „rechtlich nicht klar geregelt“, sagt Jurist Stefan Schroub; der Respekt vor sakralen Räumen hindere den Staat, die Abschiebungen durchzuführen. „Es bleibt die allerletzte Möglichkeit, die man in solchen Fällen wahrnehmen kann“, so Schroub. Auch nach Anrufen der Härtefallkommission, die in Bremen seit 2006 existiert, fielen noch „genug Leute durch das Raster“.

Rechtsanwalt Günther Werner fragt angesichts der Einschränkungen des Asylrechts, „wo wir dem Staat unseren Gehorsam verweigern müssen“, und mag damit auf das Dublin-Abkommen und auf die bundesweite Anerkennungsquote verweisen, die 2008 bei nur gut einem Prozent lag. Darüber hinaus erhielten etwa dreißig Prozent aller Asylbewerber vorläufigen Flüchtlingsschutz.

Auch wenn kirchliches Asyl nie die endgültige Lösung des Problems sei, so „ist es doch ganz konkret Schutz und Zeitgewinn für die Leute“, sagt Gundula Oerter von der Flüchtlingsinitiative Bremen, „denn außer bei einem Fall in Nordrhein-Westfalen hat die Polizei Kirchen bisher nicht gestürmt“. Sie freue sich „wenn solche humanitäre Aktionen in den Fokus gerückt werden“. In ihrer Wahrnehmung hätten sich viele Kirchen zunehmend vom Kirchenasyl distanziert – um so besser, wenn dieses Jubiläum zum Nachdenken anrege.

Die Öffentlichkeitswirksamkeit ist für Oerter zentral – ebenso für Pastor Hans-Günther Sanders von der Zionsgemeinde. „Wenn wir Kirchenasyl machen, machen wir’s öffentlich“, sagt er. So genanntes „stilles Kirchenasyl“, bei dem die Öffentlichkeit nicht informiert ist, ergebe in seiner Gemeinde auch keinen Sinn, da es ein offenes Haus sei. Manchmal aber sei Stillschweigen durchaus angebracht, sagt hingegen Stefan Schroub, vor allem zu Anfang, wenn um das potenzielle Asyl verhandelt werde.

Eine Presseschau der Zionsgemeinde dokumentiert die bekannteren Bremer Fälle der letzten Jahre – dort kann man sich informieren, wann staatlicher Ungehorsam angebracht sein kann. JENS UTHOFF