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: Ein paar reiche Kamele im Dom

So ein Pech! Vor mehr als einem Jahr fragte McKinsey bei der Dom-Kirchengemeinde an, ob man den wilhelminischen Prachtbau für ein Konzert anlässlich des Geburtstags der Unternehmensberatung mieten könne – und die Verantwortlichen der Gemeinde sagten: Ja. Was ist schon dabei? Auch andere Konzerte finden dort statt. Die Kirche braucht Geld und soll sich auch für Gruppen außerhalb ihrer Kernzielgruppe öffnen.

KOMMENTAR VON PHILIPP GESSLER

Doch wer zu früh kommt, den bestraft manchmal das Leben. Und heute, mehr als ein Jahr später, wirft es ein merkwürdiges Licht auf die Kirche, dass sie den reichen McKinsey-Yuppies ihre Tore öffnet, während gleichzeitig hunderttausende in der Republik auf die Straße gehen, die oft zu Recht vermuten, dass sie bald zu den Armen im Lande gehören. Nicht zuletzt, weil sie arbeitslos wurden, nachdem Unternehmensberater wie McKinsey maroden Betrieben die „Freistellung“ von Arbeitnehmern empfahlen. Der Ort der Kirche aber ist an der Seite der Armen, nirgendwo sonst. „Option für die Armen“ nannten dies die Befreiungstheologen Südamerikas, und selbst der Papst hat dieses Wort übernommen.

Nun folgt auch die evangelische Kirche aus gutem Grund der Option für die Armen. Das fordert Jesus in seiner Bergpredigt, wo die Armen selig genannt werden. Und dass eher ein Kamel durchs Nadelöhr geht als ein Reicher durch die Himmelspforte, ist auch so ein Gleichnis Jesu, das zeigt: Mit den Reichen und Siegern einer Gesellschaft sollte sich die Kirche besser nicht gemein machen. Vor allem dann nicht, wenn die Armen und Erfolglosen dabei übertönt werden.

Für den Dom-Event bedeutet dies: Die Kirche hätte spätestens mit Beginn der Montagsdemos deutlicher machen müssen, wo sie steht. Und hätte das exklusive McKinseys-Konzert öffnen sollen für die Armen und Obdachlosen, die auch schöne Musik hören wollen. Es wäre ein prophetisches Zeichen gewesen. So bleibt ein schaler Nachgeschmack.