Millionen-Schirm für Messe AG

Rettungsschirm auch für Cebit und Hannover Messe: Niedersachsen und Landeshauptstadt prüfen Millionen-Geldspritze für die Messe AG. Die Ausstellungsgesellschaft muss investieren, sonst droht langfristig das Aus

VON KAI SCHÖNEBERG

Mitten in der Krise nimmt die Politik alte Sparschwüre nicht mehr ganz so ernst: Die Stadt Hannover und das Land Niedersachsen prüfen derzeit, die Deutsche Messe AG mit rund 250 Millionen Euro zu unterstützen. Ohne Kapitalspritze sei das Unternehmen langfristig nicht mehr gut aufgestellt. Mit dem Geld sollen Verluste ausgeglichen und in neue Messen im Ausland investiert werden.

Das Land sei „in Gesprächen zur strategischen Neuausrichtung der Messe AG“, heißt es aus dem Finanzministerium in Hannover. Details nennt auch eine Sprecherin der Landeshauptstadt nicht. Das Land und Hannover halten je einen Anteil von 49,83 Prozent an der Messegesellschaft, über 0,21 Prozent verfügt das Land Bremen, 0,13 hält die Region Hannover.

Mit 500.000 Quadratmetern Ausstellungsfläche ist das Messegelände im Süden Hannovers das größte der Welt. Derzeit ist es jedoch kaum noch auszulasten, selbst bei der Cebit oder der Industrieschau Hannover Messe bleiben die riesigen Hallen zum Teil leer. Nun wird eine Verkleinerung des Geländes und Umnutzung der Hallen diskutiert.

Im Vergleich zu anderen Standorten wie München und Stuttgart, die von der öffentlichen Hand gepäppelt werden, gerate Hannover ins Hintertreffen, argumentieren die Bittsteller. Zudem drücken die Schulden, die für die letzte Modernisierung zur Weltausstellung Expo aufgenommen wurden, noch heute.

Die Messe AG will mit dem Kapital weiter Richtung Ausland expandieren: Hohe Margen seien im deutschen Geschäft nicht zu erzielen, bestehende Messe-Marken sollten weiter gestärkt werden, heißt es. In New York startet bald die Biotechnica America, die Cebit hat bereits Ableger in Sydney, Shanghai und Istanbul.

Nach einem Plus von 2,6 Millionen Euro sollen im vergangenen Jahr 14 Millionen Euro Miese angehäuft worden sein. 2009 dürfte kaum besser laufen. Im Boom-Jahr 2000 war die Cebit mit 8.100 Ausstellern und 840.000 Besuchern noch die größte Messe der Welt überhaupt gewesen. Bei der am Sonntag beendeten Computerschau hatten sich die Zahlen halbiert – medial punktete die Cebit mit dem Auftritt von Kaliforniens Gouverneur Arnold Schwarzenegger dennoch.

Lange wurde das Betteln der Messe-Manager bei den Anteilseignern nicht erhört, derzeit sind die Ohren in der Politik offenbar etwas weiter geöffnet. „Das Produkt hat seine Schwierigkeiten“, sagte Landes-Wirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) gestern. „Die Frage Wettbewerbsfähigkeit“, sei für ihn „entscheidend“, betonte Rösler – und schwieg.

„Kapitalmaßnahmen erfordern einen Beschluss der Landesregierung, den gibt es jedoch noch nicht“, sagt eine Sprecherin von Finanzminister Hartmut Möllring (CDU) vorsichtig. Allerdings dürfte sich der kleine Koalitionspartner FDP bei den Messe-Millionen nicht sperren. Während die Landes-Liberalen bei Volkswagen und dem Stahlkonzern Salzgitter gegen eine Beteiligung Niedersachsens sind, sieht man das bei der Messe nicht so eng. Immerhin sichert die Messe AG nach einer Untersuchung der Uni Hannover rund 14.500 Jobs und bringt jährlich 1,5 Milliarden Euro in die Region. Zudem, argumentieren die Liberalen, sponsere die öffentliche Hand überall die Messen. Die Beteiligung halten Stimmen in der FDP-Fraktion sogar für eine „intelligentere Form der Wirtschaftsförderung, als Milliarden in andere privatwirtschaftliche Unternehmen zu pumpen – zum Beispiel für Opel“.