Emissionshandel kommt billiger

Eine neue Studie des WWF belegt: Der Emissionshandel ist die billigste Methode, um das Klima zu schonen. Würde die Industrie gesetzlich zu weniger Kohlendioxidausstoß gezwungen werden, müsste sie bis zu 545 Millionen Euro mehr zahlen

von MATTHIAS URBACH

Zu den Dauernbrennern der umweltpolitischen Debatte gehört, ob man lieber mehr Auflagen macht oder marktwirtschaftliche Instrumente einsetzt. Letzteres etwa ist der Emissionshandel: Der Staat teilt jeder Fabrik das Recht zu, eine bestimmte Menge an Treibhausgasen auszustoßen. Will der Betreiber mehr Kohlendioxid in den Himmel pusten, muss er Rechte von anderen Fabriken kaufen, die durch Investition in den Umweltschutz weniger Emissionsrechte verbrauchen, als sie zugeteilt bekommen haben. So wird dort gespart, wo es am billigsten ist. Zumindest in der Theorie.

Doch seit die EU ihr Modell für den Emissionshandel beschlossen hat, hagelt es Kritik aus der Industrie. Da wundert es nicht, dass mit dem WWF ausgerechnet ein Umweltverband eine Studie in Auftrag gab, die Folgen des Emissionshandels untersuchen. Die vom Umweltministerium mitfinanzierte Studie, die diese Woche vorgestellt werden soll, liegt der taz in Auszügen vor. Die Gutachter vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW), Ökoinstitut und Ecofys kommenden darin zu dem Schluss, dass die deutsche Wirtschaft jährlich zwischen 230 und 545 Millionen Euro weniger ausgeben muss, als wenn Gesetze die CO2-Verminderung erzwingen.

Dies sollte der deutschen Wirtschaft Motivation genug sein, dem Emissionshandel zuzustimmen. Tatsächlich war die Reaktion auf dem Energiegipfel am Donnerstag positiv. Dies geht vor allem auf das Versprechen des Kanzlers zurück, dass es keine neue Lasten für die Industrie geben werde. Gar nicht so einfach: Denn egal wie der Emissionshandel gestrickt wird – laut WWF-Gutachten wird es immer Gewinner und Verlierer geben.

Während der Bergbau und die verarbeitende Industrie ihren Ausstoß klimaschädlichen Kohlendioxids seit 1990 um 35 Prozent senken konnten, erreichten die Stromversorger nur fünf Prozent Minderung. So werden Stromkonzerne und Stahlfirmen eher mit höheren Kosten rechnen müssen, Chemie, Bergbau und Ernährungsindustrie eher mit Gewinnen.

Wie viel das im Einzelnen ist, hängt davon ab, wie viel jede der betroffenen 4.000 bis 5.000 Fabriken an Emissionsrechten zugeteilt bekommt – das heißt, wie viele Tonnen Kohlendioxid sie ausstoßen darf. Will sie mehr ausstoßen, müssten die Betreiber von anderen Firmen, die weniger brauchen, Emissionsrechte abkaufen. Die WWF-Studie prüfte eine Reihe von Verteilungsverfahren. Ergebnis: Die Zusatzkosten für einzelne Branchen können je nach Verfahren um den Faktor fünf variieren.

Es liegt auf der Hand, dass einige Branchen versuchen werden, Sonderkonditionen auszuhandeln. Davor warnen die Gutachter ausdrücklich: Jede Vergünstigung für den einen würde zu Mehrkosten beim anderen führen. Schließlich steht fest, dass die Industrie ihren Kohlendioxidausstoß um 45 Millionen Tonnen mindern muss. Deshalb plädieren die Gutachter für eine „transparente“ Aufteilung, bei der die „Sonderregeln auf das unvermeidliche Maß beschränkt werden“.

Am Ende könnte das Recht, eine Tonne Kohlendioxid auszustoßen, im Emissionshandel um 5 bis 30 Euro kosten, rechnet die Studie. Die Gutachter empfehlen, die erlaubten Maßnahmen nicht einzuschränken, vor allem nicht durch einen vorgeschrieben Brennstoffmix. Eine Stabilisierung des Kohleanteils schwebt vor allem Wirtschaftsminister Wolfgang Clement vor.

Der WWF-Studie zufolge ist der Handel mit Emissionsrechten jedoch kein Allheilmittel. Es sei weiterhin ein Mix verschiedener Klimaschutzinstrumente nötig, um genügend Treibhausgase zu vermeiden.