Die liebe Gewohnheit des Hineinregierens

Hochschulbau, Bildungsplanung, Küstenschutz – eine Reihe Aufgaben teilen sich Bund und Länder. Eine Entflechtung dürfte schwierig werden

BERLIN taz n Der Kampf um die Föderalismusreform hat letzten Dienstag begonnen. Da teilte Bundesbildungsministerin Bulmahn (SPD) ihren verdutzten Kollegen aus den Ländern mit, dass der Bund keine Gelder für neue Vorhaben im Hochschulbau mehr ausgibt. Das bedeutet Kürzungen in dreistelliger Millionenhöhe. Eine Reihe bereits bewilligter Neubauvorhaben an Unis und Fachhochschulen werden nicht begonnen. Ein schwerer Rückschlag.

Bulmahn fiel es sichtlich schwer, die Kürzung zu verkünden. Aber sie konnte nicht anders, denn die Marschroute des Kanzlers ist offenbar die: keine Geschenke mehr an die Länder, schon gar nicht in Rechtsmaterien, um die man im Zuge der Föderalismusreform streitet. Der Hochschulbau ist so ein Fall.

Heute zählen diese Investitionen, noch, zu den Gemeinschaftsaufgaben. Das heißt laut Grundgesetz teilen sich Bund und Länder den Job – im Hochschulbau genau wie bei der regionalen Wirtschaftsstruktur, dem Küstenschutz oder der Bildungsplanung.

Das Beispiel zeigt die Komplexität der kommenden Verhandlungen. Der Bund will aus dem Hochschulbau aussteigen. So steht es in einem Arbeitspapier zur „Modernisierung der bundesstaatlichen Ordnung“. Die Ministerpräsidenten wollen den Hochschulbau in ihre Hoheit bekommen – aber nur inhaltlich; der Bund soll weiter pauschal Geld dafür geben. Die Kultusminister der Länder wiederum haben eine völlig eigene Meinung dazu: Sie wollen den Hochschulbau als Gemeinschaftsaufgabe erhalten – weil er so teuer ist. „Nicht mal das reiche Bayern“, beschreibt ein Insider die Dimensionen, „kann heute einen leistungsfähigen Großrechner allein zahlen.“ Jedes Jahr kostet der Hochschulbau rund 2 Milliarden Euro.

Die Papiere zur Föderalismusreform sind lang. Im Kern geht es darum, beiden Seiten, Bund und Ländern, eigenständige Bereiche zuzuweisen, in die der jeweils andere nicht hineinregieren kann. Das geht durch Neuverteilung von Politikfeldern. Mit klareren Regeln, wie gemeinschaftliche Felder künftig beackert werden. Und durch neue Entscheidungsmechanismen im Bundesrat. Dazu gehört es, künftig die relative Mehrheit im Bundesrat zuzulassen. So will es der Bund, weil er dann seine Gesetz viel leichter durch die Länderkammer bringen kann. Bisher gilt: Wenn ein Gesetz durchkommen soll, muss die Mehrheit der Mitglieder mit Ja stimmen und nicht nur eine einfache Mehrheit.

Grundlegender Streitpunkt ist die Frage, ob der Föderalismus von Kooperation oder von Konkurrenz geleitet sein soll. Der Bund will an einem „solidarischen Föderalismus“ festhalten, um den im Grundgesetz geforderten Ehrgeiz zur „Einheitlichkeit der Lebensverhältnisse“ einzuhalten. Die CDU stößt sich in ihrem Papier am Verbundföderalismus, der „auf dem Weg zu einem verdeckten Einheitsstaat“ sei. Die Konsequenz heißt, so beschreibt es der Hauptautor des CDU-Papiers, Georg-Berndt Oschatz, mehr Konkurrenz zwischen den Ländern: „Man kann nicht gleich sein und föderal.“ CHRISTIAN FÜLLER