Terrorverdacht bei Abstürzen bestätigt

Russischer Geheimdienst: Sprengstoffspuren an einer der beiden vor vier Tagen abgestürzten Maschinen entdeckt. Tschetscheninnen könnten Bomben an Bord beider Flugzeuge gezündet haben. Islamistische Gruppe bekennt sich

MOSKAU afp/dpa/taz ■ Drei Tage nach den fast zeitgleichen Flugzeugabstürzen in Russland mit 89 Toten hat sich nach russischen Angaben der Verdacht auf einen Terroranschlag bestätigt. Zumindest an den Trümmern der abgestürzten Tupolew-154 seien Spuren des Sprengstoffs Hexogen gefunden worden, teilte der Inlandsgeheimdienst FSB gestern in Moskau mit. Im Internet erklärte die islamistische Gruppe „Islambuli Brigaden“, Mudschaheddin hätten die Flugzeuge entführt. An der Authentizität der Erklärung bestehen jedoch Zweifel.

Die Tupolew 154 mit 46 Menschen an Bord war nahe Rostow am Don niedergegangen. An der auseinander gebrochenen Tupolew 134, die ebenfalls in Moskau gestartet war, seien bislang keine Sprengstoffspuren gefunden worden, sagte der FSB-Sprecher. Experten erklärten jedoch, die Verteilung der Trümmer spräche für einen Bombenanschlag. Der Sprengstoff Hexogen wurde nach russischen Angaben auch für die Serie von Bombenanschlägen auf Moskauer Häuser 1999 benutzt. Die damaligen Attentate mit rund 200 Toten waren von Präsident Wladimir Putin als Begründung für den zweiten Tschetschenienkrieg angeführt worden.

Unmittelbar nach den Abstürzen hatte es bereits Spekulationen über einen Terroranschlag gegeben, der im Zusammenhang mit der Präsidentschaftswahl in der abtrünnigen Kaukasusrepublik Tschetschenien am Sonntag stehen könnte. Nach Medienberichten kamen zwei Passagierinnen vermutlich aus Tschetschenien. Bei beiden habe es keine Angehörigen gegeben, die sich nach ihnen erkundigt hätten.

Aus demselben Flugzeug sandte die Besatzung laut der Nachrichtenagentur Itar-Tass eine kodierte Botschaft, wonach die Maschine entführt worden sei. Es habe mindestens drei Notrufe gegeben, in denen von Kidnappern die Rede gewesen sei, zitierte die Agentur am Freitag eine anonyme Quelle. Schon kurz nach dem Absturz hatte es Informationen über eine Entführung gegeben. Die Behörden hatten dann jedoch erklärt, es habe sich lediglich um einen normalen Notruf gehandelt.

Auch an Bord der zweiten Maschine soll sich eine Tschetschenin befunden haben. Der tschetschenische Innenminister Achmed Dakajew erklärte, die Frau stamme aus Grosny. In der Erklärung der „Islambuli Brigaden“ hieß es dagegen, jeweils fünf Mudschaheddin hätten die Maschinen entführt. Die Anschläge seien „trotz der anfänglichen Probleme gelungen“. Es handele sich um den „ersten Schlag“, dem eine ganze Serie von Attentaten folgen werde, „um unsere Brüder in Tschetschenien und anderen Regionen, die unter Russland leiden, zu unterstützen“. Die Authentizität der Erklärung konnte zunächst nicht nachgewiesen werden. KLH

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