„Bürger sind jetzt einsichtiger“

CDU/FDP-Regierung startet den zweiten Versuch, Kita-Standards zu senken. Den ersten der SPD brachten 690.000 Niedersachsen vor drei Jahren per Volksbegehren zu Fall

Hannover dpa/taz ■ Eltern von schulpflichtigen Kindern in Niedersachsen müssen im kommenden Jahr mit noch mehr Zusatz-Kosten rechnen: Die CDU/FDP-Landesregierung will ihnen nicht nur die Kosten für Schulbücher aufbürden, sondern es Städten und Gemeinden auch freistellen, ob für die Schülerbeförderung Geld verlangt wird. Das kündigte Innenminister Uwe Schünemann (CDU) gestern an. Bislang gibt das Land vor, dass von einer gewissen Entfernung an alle Mädchen und Jungen Anspruch auf eine kostenlose Fahrt zur Schule haben.

Darüber hinaus will die Landesregierung auch ein altes Projekt der SPD-Regierung neu aufgreifen, das vor drei Jahren am massiven Widerstand der Bevölkerung gescheitert war: Die Standard-Vorschriften für Kindergärten sollen reduziert werden, und den Kommunen soll bei Gruppengröße und Ausstattung mehr Freiheit gegeben werden. Darüber hinaus sollen die finanziellen Mittel für die Kindertagesstätten künftig über den kommunalen Finanzausgleich gezahlt werden – das heißt, dass die Städte sie theoretisch auch für andere Zwecke ausgeben können. „Das ist mit dem Kultusminister so abgestimmt“, sagte Schünemann.

Die SPD-Vorgängerregierung war mit ähnlichen Kita-Plänen im Jahr 2001 nach langer Auseinandersetzung vor dem Staatsgerichtshof in Bückeburg gescheitert. Das höchste niedersächsische Gericht hatte ein Volksbegehren für zulässig erklärt, bei dem sich über 690.000 Bürger dafür ausgesprochen hatten, dass Mindeststandards für Kindertagesstätten per Gesetz geregelt werden. Die Eltern hatten sich auch dagegen gewehrt, die Landeszuschüsse für die Kindergärten über den Kommunalen Finanzausgleich zu zahlen, wie es jetzt wieder geplant ist. Der Landtag setzte daraufhin notgedrungen wieder das alte Gesetz in Kraft.

Innenminister Schünemann rechnet damit, dass der Widerstand der Eltern gegen die Pläne der CDU-Regierung diesmal angesichts knapper Kassen deutlich schwächer ausfallen wird als vor drei Jahren. Die Einsicht in die finanzielle Situation sei „mittlerweile sehr viel größer“, sagte Schünemann.

Die geplanten Änderungen sind Teil des neuen Kostenverteilungs-Prinzips, das künftig zwischen Land und Kommunen gelten soll. Für Aufgaben, die das Land den Kommunen überträgt, will es diesen demnächst auch die Kosten erstatten – oder sie eben ermächtigen, dafür selbst Geld bei den BürgerInnen einzufordern.