„Ein Jahr Arbeit für die Katz“

Behindertenverbände protestieren: Senatsentwurf des Landesgleichstellungsgesetzes sei ungenügend. Denn die Finanznöte des Landes finden sich darin wieder

Bremen taz ■ Sieht so aus, als sei hier ein weiteres Opfer der Finanznot des Landes Bremen im Allgemeinen und des Sozialressorts im Besonderen zu verzeichnen: Wenn es nach Sozialsenatorin Karin Röpke (SPD) ginge, würde das Landesgleichstellungsgesetz in nur sehr abgespeckter Version gültig werden. Für das Gesetz, das die Gleichstellung von Menschen mit und Menschen ohne Behinderung zum Inhalt hat und das per Bürgerschaftsbeschluss vom vergangenen Jahr zu verwirklichen ist, hat das Haus Röpke eine Vorlage erarbeitet, die übermorgen in der Deputation besprochen wird – Bremer Behindertenverbände protestieren jetzt schon heftig.

Denn erstens enthält die Vorlage einen Finanzierungsvorbehalt – sprich: verwirklicht wird nur, wenn Geld da ist –, zweitens fehlt ihr eine Regelung zum lange geforderten Landesgleichstellungsbeauftragten und drittens auch eine Ausführung, wie das Gesetz in den landeseigenen Gesellschaften umgesetzt werden soll. „Ein solches Gesetz wäre nahezu wirkungslos und kaum das Papier wert, auf dem es geschrieben steht“, so Dieter Stegmann von der Landesarbeitsgemeinschaft Hilfe für Behinderte.

Die Verbände sind umso empörter, weil es nämlich einen Gegen-Entwurf zu dem jetzt vorgelegten gibt: In zehn Sitzungen binnen eines Jahres hatte der Deputationsausschuss, der vom Senat federführend für das Gesetz beauftragt war, gemeinsam mit Behindertenvertretern einen Entwurf erarbeitet – „mühsam formuliert“, betont Stegmann. Für ihn ist jetzt „ein Jahr Arbeit für die Katz.“ Denn was nutze gesetzlich vorgeschriebene Barrierefreiheit, wenn sie nur „im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel“ stattfinde? Zwar hat das Ressort die Vorschrift des barrierefreien Bauens vom Finanzierungsvorbehalt ausgenommen, dafür aber hier die Formulierung „unverhältnismäßiger Mehraufwand“ eingearbeitet. Wenn der vorliegt, kann von der Barrierefreiheit auch abgesehen werden. „Unklar definiert“, findet Stegmann die Worte.

Zum Punkt „Landesbehindertenbeauftragter“ steht im Entwurf gar nichts. Denn darüber streiten sich die Parteien. Die CDU will das Amt desjenigen, der die Umsetzung des Gesetzes überwacht, ehrenamtlich von einem Parlamentarier miterledigen lassen. SPD und Behindertenvertreter wollen eine von Parteipolitik unabhängige Verankerung dieser Aufgabe. Und während der Ausschuss festgelegt hatte, dass auch in den bremischen Gesellschaften auf Gleichstellung laut Gesetz „hingewirkt“ werden solle, fehlt dieser Punkt in der Ressort-Vorlage komplett.

„Dass der Senat nicht engagierter ist, liegt an den engen finanzpolitischen Spielräumen“, nimmt Frank Pietrzok, sozialpolitischer Sprecher der SPD, seine Parteifreundin Röpke in Schutz. Die Gesetzesmaßnahmen kosteten „einige Millionen Euro“. Wie das Gesetz aussehen wird, das die Bürgerschaft schließlich beschließen wird, das weiß Pietrzok nicht: „Ich will mich bemühen, dass ich möglichst viel durchbringe“, sagt er mit Blick auf den ursprünglichen Entwurf des Ausschusses, „aber das wird nicht ganz einfach.“ sgi