kinder gehören in die kneipe von RALF SOTSCHECK
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Irgendwie müssen die Tabakkonzerne ja an ihr Geld kommen. Nachdem die irische Regierung im vergangenen März Kneipen und Restaurants zu rauchfreien Zonen erklärt hat, wollen die Briten jetzt nachziehen. Der Markt wird eng. Deshalb kümmern sich die Zigarettenfabrikanten verstärkt um den Nachwuchs.

Der größte britische Konzern, British American Tobacco (BAT), zu dessen erfolgreichsten Marken Rothmans und Lucky Strike gehören, hat den Tabak in einer Versuchsreihe mit allerlei leckeren Genussmitteln gespickt – darunter Schokolade, Ahornsirup und Vanille. Schließlich sterben den Unternehmen allein in Großbritannien in jedem Jahr 120.000 Kunden weg. Die müssen erst mal ersetzt werden, und da kann man nicht früh genug rekrutieren. Im Erwachsenenalter fangen nämlich die wenigsten an zu rauchen. Die Tabakindustrie hat bereits schöne Erfolge erzielt. Rauchte vor zwei Jahren nur gut ein Fünftel aller britischen Oberschulkinder, ist es jetzt schon ein Viertel. Mit den Süßwarenzigaretten sollte sich das spielend verbessern lassen.

Tieren sind die Kinderkippen gut bekommen – oder zumindest nicht schlechter als sonst. Bei Versuchen an Ratten, die wegen der strikten britischen Gesetze in Kanada durchgeführt werden mussten, starben die zwangsrauchenden Nager nicht schneller als bei herkömmlichen Zigaretten. Ein BAT-Sprecher sagte: „Die hinzugefügten Mengen sind winzig, aber man kann dadurch subtil mit dem Geschmack der Zigarette spielen. Diese Zutaten aus dem Nahrungsmittelbereich sind sehr nützlich.“

Das findet die Antiraucherlobby nicht. Die Organisation „Action on Smoking and Health“ – die getreu der britischen Vorliebe für bedeutungsschwere Abkürzungen „ASH“ heißt – raucht vor Wut. Deborah Arnott, Direktorin von ASH, sagte: „Es ist widerlich, Süßigkeiten unter den Tabak zu mischen. Diese Zutaten könnten Zigaretten für Kinder attraktiver machen.“

Die Erwachsenen müssen aber nicht traurig sein. Der britische Tabakkonzern hat auch an sie gedacht: Bei den kanadischen Tierversuchen steckte man den Ratten verschiedene Zigaretten, denen Wein oder Sherry beigemischt worden waren, in die spitzen Schnauzen. Ihre Reaktion wies „keinen erkennbaren Unterschied zu normalen Zigaretten“ auf, stellte der BAT-Sprecher erfreut fest. Für Raucher, denen das Rauchverbot den Pubbesuch verleidet hat, eine gute Nachricht: Künftig können sie sich zu Hause dem Rauchrausch hingeben.

Das beunruhigt offenbar die irische Regierung. Sie überlegt, die Pubs für Kinder zugänglich zu machen. Bisher dürfen Menschen unter 18 Jahren nach neun Uhr abends nicht in die Kneipe. Das will man ändern. Offiziell begründet die Regierung das damit, dass ein Kneipenverbot für Kinder dem Tourismus schade, weil Reisende mit Anhang den Abend auf dem Hotelzimmer verbringen müssen. Laut irischem Gesetz darf man Kinder bis zum Teenageralter abends nämlich nicht alleine lassen. Indem man sie in die Pubs lässt, schlägt man zwei Fliegen mit einer Klappe: Sie fördern in der Obhut des Wirtes den Umsatz, und sie entgehen den weintabakrauchenden Eltern zu Hause. Irische Kneipen sind für Kinder der sicherste Ort.