Israel weist Spionagevorwurf zurück

Das FBI ermittelt gegen einen jüdischen Mitarbeiter des Verteidigungsministeriums in Washington

JERUSALEM taz ■ Knapp 20 Jahre nach der Verhaftung des israelischen Agenten Jonathan Pollard bahnt sich in den USA eine neue Spionageaffäre an. Larry Franklin, ein hoher Mitarbeiter des US-amerikanischen Verteidigungsministeriums steht im Verdacht, geheime Informationen an Jerusalem weitergeleitet zu haben.

Die israelische Regierung leugnet die Vorwürfe vehement. „Nach der Pollard-Affäre wurde entschieden, keine Spionage in den USA zu betreiben“, kommentierte Juval Steinitz, Vorsitzender des parlamentarischen Außen- und Verteidigungsausschusses. „Ich bin sicher, dass sich daran nicht geändert hat.“

Der Fernsehsender CBS enthüllte am Wochenende, dass Franklin im Verdacht stehe, Informationen an Israel weitergeleitet und die Regierung von George W. Bush bei Entscheidungen gegenüber dem Iran beeinflusst zu haben. Der Iran-Experte Franklin arbeitete im Büro von Staatssekretär Douglas Feith, zu dessen Aufgabenbereichen der Nahe Osten und Südasien gehören. Die Informationen seien über Mitarbeiter der Aipac (American Israel Public Affairs Committee) an die israelische Regierung weitergeleitet worden.

Die 1950 gegründete Organisation mit über 65.000 Mitgliedern sieht sich selbst als Vorkämpfer Israels mit den erklärten Hauptzielen, den Iran daran zu hindern, sich Atomwaffen zu verschaffen, und dem Kampf gegen den Terror. Jeglicher Vorwurf „gegen die Aipac oder unsere Angestellten“, so kommentierte die Organisation die Berichte von CBS, „ist falsch und entbehrt jeder Grundlage.“

Die auflagenstärkste Tageszeitung Yediot Achronot berichtete gestern in ihrer Online-Ausgabe von Franklins Einfluss auf die „amerikanische Politik gegenüber Irak“ und seine enge Verbindung zu weiteren hohen Beamten des Pentagon, darunter Vizeverteidigungsminister Paul Wolfowitz. Alle verfügten über „enge Verbindungen zu Israel“ und waren „engagierte Verfechter für den Krieg im Irak“.

Mit Blick auf den Iran habe Franklin laut CBS Entwürfe der Direktive zur US-Politik gegenüber Teheran weitergeleitet und Israel in die Lage versetzt, Entscheidungen mit zu beeinflussen. Die Affäre ist offenbar im Verlauf von seit zwei Jahren andauernden Untersuchungen gegen andere Pentagon-Mitarbeiter aufgeflogen, die im Verdacht stehen, Geheiminformationen nach Bagdad geschleust zu haben. Offen ist, ob Franklin wegen Spionage oder nur unsachgemäßen Umgang mit Geheimdienstmaterial angeklagt wird.

Die Affäre erinnert an den israelischen Spion Jonathan Pollard, der 1985 verhaftet wurde. Israels damaliger Premierminister Jitzhak Schamir nannte die Affäre „höchst schmerzlich für die israelisch-amerikanischen Beziehungen“. Pollard wurde 1987 zu lebenslanger Haft verurteilt. Expremierminister Ehud Barak hatte vor gut vier Jahren versucht, Pollards Entlassung in ein Gesamtpaket bei den Friedensverhandlungen in Camp David zu integrieren, stieß aber schon vor dem Scheitern der Gespräche auf Ablehnung von Seiten des damaligen US-Präsidenten Bill Clinton. SUSANNE KNAUL

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