Die Polizei mutiert zur bunten Truppe

Mit Bremen wechselt ein weiteres Bundesland von grünen zu blauen Polizeiuniformen. Otto Schily kann sich den neuen Look für alle Ordnungshüter vorstellen. Doch fürs Erste fürchten Gewerkschafter eine „Patchwork-Polizei“

BERLIN taz ■ Deutschlands Polizei wird bunt. Seit Ende 1976 trägt sie bundesweit einheitlich ihre grün-beigen Uniformen. Nur die im Jargon „Entenpolizei“ genannte Wasserschutzpolizei kommt blau daher. Das soll sich ändern. Nach Hamburg und Niedersachsen will nun auch Bremen seine Polizei schrittweise komplett in Blaumänner stecken. Durch eine entsprechende Entscheidung der beiden Nachbarländer würden Bremen und Bremerhaven ansonsten „in eine Insellage geraten“, lautet die Begründung.

Die Gewerkschaft der Polizei sieht die Ordnungshüter schon auf dem Weg zu einer „Patchwork-Polizei“. Den geistigen Anstoß zu der Umkleideaktion gab vor vier Jahren Hessens Innenminister Volker Bouffier (CDU). „Ganz oben auf der Agenda“ der Sicherheitsfragen wollte er sie indes nicht sehen. Völlig anders indes Ronald Schill (Schill-Partei) in Hamburg. Dem inzwischen längst geschassten Amtskollegen galten die derzeitigen Uniformen ohnehin als „Kartoffelsäcke“, und so mischte er die Innenministerkonferenz fortan ständig mit Modefragen auf.

Mit seinem erzwungenen Abgang vor gut einem Jahr hätte die Sache dann eigentlich erledigt sein können, denn die meisten Minister – insbesondere in Ostdeutschland – hielten den Farbwechsel bei der Truppe für zu teuer.

Im Alleingang hatte Schill den Designer Luigi Colani mit Entwürfen beauftragt. Dunkelblau mit hellblauer Seitennaht an der Hose, dazu marinefarbene oder hellblaue Hemden und eine achteckige Mütze, sind sie nach Ansicht Colanis die „schärfsten Uniformen des Kontinents“. Etwas über 100 Stück der neuen Uniformen zum Preis von 530 Euro sind seit Mitte letzten Jahres bereits an die hanseatische Polizei ausgeliefert worden. Rund 6.000 sind nötig, die Aktion wird also Jahre dauern.

Niedersachsens Innenminister Uwe Schünemann (CDU) hat Colanis Dress „sehr positiv“ aufgenommen und will seine Schupos ab 2006 schrittweise in die neue Kluft stecken. Damit sieht sich Bremen in der Klemme und will sich nun der Modenschau anschließen, auch wenn „das von uns nicht so gewollt sein kann“, so Bremens Innensenator Thomas Röwekamp (CDU).

Sogar Bundesinnenminister Otto Schily (SPD) hat inzwischen Sympathien für den Farbwechsel bekundet. Da die meisten europäischen Polizeien ohnehin Blau tragen, sieht er hier einen deutschen „Nachholbedarf“. Diese Argumentation gewinnt an Konjunktur. Doch Blau hat nicht nur Freunde: Einer Untersuchung des „FBI Law Enforcement Bulletin“ zufolge werden helle Polizeifarben mit „Gutem“ und Freundlichkeit verbunden, dunkle aber mit Stärke und „Bösem“.

Und was denken die Beamten selbst? Glaubt man Umfragen in den Reihen der Polizei, so wäre sie mehrheitlich gern wieder blau – so wie vor 30 Jahren.

OTTO DIEDERICHS