Grüne Zwickmühle

Grüne Freude über den Sieg in Bayern getrübt: vom schwachen Partner SPD und von Personaldebatten

BERLIN taz ■ So richtig freuen können sich die Grünen nicht über ihr Rekordergebnis bei der Landtagswahl in Bayern. Das Regieren in Berlin wird jetzt noch schwerer. Die Grünen müssen sich darauf einstellen, dass Kanzler Gerhard Schröder nach dem SPD-Debakel erst mal den eigenen Laden ordnet – ohne Rücksicht auf den kleinen Partner, der ihn schon vorher mit seinem „Reformmotor“-Gehabe nervte.

Die Grünen sind in einer Zwickmühle. Einerseits fühlen sie sich gestärkt durch den Zugewinn in Bayern. Ihre Versuche, langfristige und populäre Vorhaben wie die Bürgerversicherung in Gang zu bringen, sind offenbar gut angekommen. Andererseits hilft den Grünen all der eigene Erfolg wenig bis nichts, wenn die SPD noch weiter abstürzt. Der angekündigte „Herbst der Reformen“ wird schwer genug. Die Mehrheit im Bundestag ist knapp, Reibereien und Eifersüchteleien in der Koalition kann man sich nicht leisten.

Entsprechend feinfühlig ging Grünen-Chefin Angelika Beer gestern mit Gerhard Schröder um, als sie das miserable Ergebnis der SPD kommentieren musste. „Zu sagen, da hat der Kanzler Schuld, halte ich für absoluten Quatsch.“ Forderungen nach einer Korrektur an der Agenda 2010 wies Beer zurück. „Der Kurs ist festgesteckt, jetzt geht es an die Umsetzung.“ Die nordrhein-westfälische Umweltministerin Bärbel Höhn hatte zuvor verlangt, gerade im Sozialbereich müsse in vielen Punkten nachgesteuert werden. „Die SPD muss aufwachen“, sagte Höhn.

Aufgeschreckt wurden aber erst einmal die Grünen – durch eine neue Personaldebatte. Einige Grüne hatten am Wochenende kundgetan, was für eine tolle Parteichefin Beers Vorgängerin Claudia Roth doch gewesen sei. Eine vorzeitige Neuwahl der Parteispitze auf dem Parteitag im November schloss Beer jedoch gestern aus: „Dafür gibt es keine Veranlassung. Wir sind gewählt bis 2004 und dabei bleibt es.“ LUKAS WALLRAFF

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