Verkleidete Wände

In der Bremer Gesellschaft für Aktuelle Kunst zeigen Dolores Zinny und Juan Maidagan ihre Nähkünste und verschönern den Ausstellungsraum mit Längsstreifenmustern

Es herbstet. Körper beginnen in sommerlicher Nacktheit zu frieren. Also schützt man sie durch textile Verhängung. Am vorteilhaftesten ist die mit längs gestreifter Musterung: macht schlank, verdeckt all die Speckröllchen, die von den Bechern voller Eiscreme kreiert wurden.

Es herbstet – auch in der Bremer Gesellschaft für Aktuelle Kunst (GAK). Leiterin Eva Schmidt wechselt ans Siegener Museum für Gegenwartskunst. Zum Abschied hat sie ganz fürsorglich ihre GAK-Halle eingemummelt und winterfest gemacht. Damit der Kunstcharakter von wärmedämmender Wandbespannung verständlich wird, postuliert Schmidt die Analogie von Körper und Architektur. Beides sei eine Hülle, in der Leben sich ereigne. Nun ja.

Jedenfalls hat die Kuratorin den Herbst 2004 bereits im Spätsommer 2003 vorausgeahnt – und Dolores Zinny (Jahrgang 1968) sowie Juan Maidagan (Jahrgang 1957) direkt aus Venedig nach Bremen verpflichtet. Während der 50. Biennale war das Künstlerpaar in der Themenschau „The structure of survival“ präsent. Und zeigte als Markenzeichen: textile Wände, längs gestreift, vor gemauerten Wänden, verputzt. Das Material: Baumwolle. Sieht gut aus, lässt den Ausstellungsraum höher und wohnlicher wirken. Verwandelt ihn durch Verkleidung.

„Gemütlich“, so Maidagan, soll es zum Auszug Eva Schmidts auch in der GAK sein. „Wir wollen den Raum neu anziehen.“ So wurden Naturton-Stoffbahnen an schwarz, altrosa, gelb oder babyblau eingefärbte Stoffbahnen genäht – im Kellerfaltenrockstil. So ließ man die unschuldig weißen, bis zu 16 Meter langen Galerie-Wände verhängen. So dass der Eindruck eines überdimensionalen Barcodes entsteht. Kann man drüber nachdenken. Muss man aber nicht.

„Such a good cover“, ist der Titel dieser Stofftapeten-Installation, die mehr den musealen Raum denn sich selbst in den Fokus rückt. Die GAK wirkt daher vor allem – leer. Ob die Kunst die Heizkosten senkt, ist noch ungewiss.

Gewiss ist die Übervaterschaft Lucio Fontanas. „Mein Vorbild, schon immer“, so Maidagan. Schließlich sind Fontana, Maidagan und Zinny allesamt im argentinischen Rosario geboren worden. Fontanas tanzende Schlitzwunden auf den monochrom gestalteten Leinwand-Oberflächen wirken wie Schlüssellöcher zu einem geheimnisvoll dunklen Raum. Zinnys/Maidagans Nähkunstwerke wollen einen solchen auch andeuten. Kuscheln aber nur herbstlich mit den Wänden. fis

bis 10. Oktober, Di-So jeweils 11-18 Uhr, Gesellschaft für Aktuelle Kunst, Bremen, Teerhof 21