Merkel wird der Zahn gezogen

Eine Versicherung weniger: Auch die CDU rückt von der Zahnersatz-Extraversicherung ab. Dennoch Mehrkosten in Sicht: Kassenbeitrag soll zulasten der Arbeitnehmer verschoben werden

BERLIN taz ■ Alle Bürger, die sich noch keine private Extraversicherung verkaufen ließen, dürfen sich freuen: Auch die Union will den Zahnersatz nicht mehr aus der gesetzlichen Krankenversicherung ausgliedern. Damit ist der Plan, dass alle ab 2005 ihre Kronen, Brücken und Gebisse zu einem Fixpreis bei privaten oder gesetzlichen Kassen gesondert versichern müssen, aller Wahrscheinlichkeit nach endgültig vom Tisch.

CDU-Generalsekretär Laurenz Meyer sagte gestern: „Uns ist eine gemeinsame Lösung für die Gesundheitskosten lieber als eine Einzellösung von Teilbereichen.“ Damit entwarf er die Option, den Zahnersatz erst einmal unangetastet zu lassen. Die CDU-Chefin Angela Merkel, die die ursprüngliche Regelung in den Gesundheitsverhandlungen durchgesetzt hatte, will nun mit ihrer endgültigen Entscheidung abwarten, wie der für diese Woche angekündigte Vorschlag von Gesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) aussieht.

Nach taz-Informationen wird Schmidts Vorschlag lauten, beim Zahnersatz ebenso zu verfahren wie beim Krankengeld und die beiden Reformschritte zusammenzuführen. In Regierungskreisen hieß es gestern gegenüber der taz, die für Anfang 2006 geplante Umschichtung der Kosten für das Krankengeld könnte auf den 1. 1. oder den 1. 7. 2005 vorgezogen werden.

In Zahlen würde der Plan lauten: 5 Milliarden Euro Krankengeld und 3,5 Milliarden Euro Zahnersatzkosten machen zusammen 8,5 Milliarden Euro oder 0,85 Prozentpunkte vom Krankenkassenbeitrag. Die Hälfte davon, also die 0,425 Prozentpunkte des bisherigen Arbeitgeberanteils, würde den Arbeitnehmern zugeschoben. Die andere Hälfte zahlen sie ohnehin schon. Die bisherige Parität (50/50) wäre beendet.

Bei einem Kassenbeitrag von zum Beispiel 14 Prozent würde dann der Arbeitgeber davon 6,525 Prozent, der Arbeitnehmer dagegen 7,425 Prozent tragen. Bei einem Bruttolohn von 2.000 Euro hieße das, dass der Arbeitgeber 130,50 Euro, der Arbeitnehmer 148,50 Euro und damit 8,50 Euro im Monat mehr zahlen müsste – für Krankengeld plus Zahnersatz.

Die bisher geplante Extraversicherung des Zahnersatzes hätte die Versicherten allein wahrscheinlich um die 8 Euro gekostet. Die zwischen Regierung und Opposition im vergangenen Jahr vereinbarte Ausgliederung des Zahnersatzes hätte aber nach Angaben der Krankenkassen enorme Verwaltungskosten verursacht, die bis zu einem Viertel der Versicherungssumme betragen hätten. Der SPD-Vorstand hatte daraufhin am Wochenende beschlossen, davon abzulassen.

Merkel wird es schwer haben, den Ministeriumsvorschlag nun abzulehnen. Denn wenn nichts geschähe, würden die Arbeitgeber protestieren, denen versprochen worden war, sie von den Lohnnebenkosten zu entlasten. Arbeitgeberpräsident Hundt erklärte gestern: „Es muss dabei bleiben, dass der Zahnersatz pünktlich zum 1. Januar 2005 aus der paritätischen Finanzierung durch Arbeitgeber und Versicherte herausgenommen wird.“

ULRIKE WINKELMANN

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