Hoffen auf den starken Partner

Mit seiner Rede auf der vierten Montagsdemo weckt Kölns DGB-Vorsitzender Wolfgang Uellenberg bei den Demonstranten neue Zuversicht auf ein Bündnis zwischen den sozialen Bewegungen

Von Susanne Gannott

Punkt 18 Uhr sah es noch so aus, als könnte „Schröders Rache“ funktionieren: Sintflutartige Regenfälle verscheuchten die Teilnehmer der vierten Kölner Montagsdemo vom Roncalliplatz und ließen sie in der Eingangspassage des Römisch-Germanischen Museums Zuflucht suchen.

Aber schon zehn Minuten später war der Spuk vorbei und die rund 900 Demonstrierenden – etwas weniger als letzte Woche – strömten zurück auf den Platz. Dort hatte der Kölner DGB-Vorsitzende Wolfgang Uellenberg-van Dawen seinen großen Auftritt. „Der DGB hat seinen Frieden mit Hartz nicht gemacht – und wird es auch nicht. Das ist keine Reform, sondern das Gegenteil!“, stellte er seine Position gleich zu Beginn klar. Mit harscher Kritik an der Bundesregierung, namentlich an Wirtschaftsminister Wolfgang Clement (SPD), versuchte Uellenberg, die Menge zu überzeugen, dass der DGB sich „freut über die Demonstrationen und sie unterstützt“ – was bislang, zumindest offiziell, in Köln nicht der Fall ist.

Und Uellenbergs Strategie schien aufzugehen: Die roten Karten, die auf den letzten Demos so manchen Politiker vom Rednerpult getrieben hatten, blieben in den Taschen, es kam nicht zu den von den Veranstaltern befürchteten Pfeifkonzerten, stellenweise gab es sogar heftigen Beifall. Etwa dafür: „Wenn man Arbeitslose arm macht und zu jeder Arbeit zwingen will, dann hat man ein autoritäres und reaktionäres Menschenbild. Dass Arbeitslose nicht arbeiten wollen, ist das dümmste Märchen aller Zeiten.“

Stattdessen forderte der DGB-Chef den Erhalt und Ausbau des zweiten Arbeitsmarkts in Köln. Er kritisierte, dass die Kölner Arbeitsagentur dafür zum 1. Januar ihre Mittel kürzen wolle und die Stadt wegen des Haushaltslochs Finanzierungsprobleme hätte. An die Kölner Industrie appellierte Uellenberg: „Stellt ein, schafft Arbeit, macht selber was!“ Schließlich stiegen die Umsätze schon seit letztem Jahr wieder und da sei es „das Schlimmste“, den Mehrbedarf an Arbeit mit Arbeitszeitverlängerungen kompensieren zu wollen, wo „tausende Qualifizierte auf der Straße stehen“. Dann der fulminante Abgang: „Hartz IV ist ein Stück aus dem Tollhaus – und wird keinen Bestand haben!“

Wie wichtig die Rede des Kölner Gewerkschaftsbosses für viele war, zeigte sich während der Ansprachen bei der Abschlusskundgebung vor der Industrie- und Handelskammer. „Heute warst du da, das ist ein erster Schritt“, rief H.P. Fischer, Erwerbsloser und aktiv beim Wahlbündnis „gemeinsam gegen sozialraub“, in Richtung Uellenberg. Nun hoffe er, dass sich die Gewerkschaften als älteste soziale Bewegung und die „neuen sozialen Bewegungen“ gemeinsam „mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln gegen den sozialen Absturz wehren“.

Auch IG-Metall-Mitglied Reiner Dworschak, der gerade vor Gericht gegen seine Kündigung bei Corus Mannstaedt in Siegburg kämpft, „begrüßte“ Uellenbergs Präsenz auf der Demo „und seine Unterstützung der Proteste“. Inhaltlich allerdings halte er es für „falsch, dass er nicht gesagt hat, Hartz muss weg“.

Einen „Dank an Uellenberg, dass der DGB uns jetzt unterstützt“, sprach noch ein weiterer Demoteilnehmer ins offene Mikrophon. Aber noch bleibe offen, was „Unterstützung“ konkret bedeute. „Wo bleibt der Brief an alle DGB-Mitglieder in Köln mit der Aufforderung, an den Montagsdemos teilzunehmen?“ Gebe es jetzt logistische und finanzielle Unterstützung durch die Gewerkschaft? Wie vehement werde Uellenberg in seiner Organisation dafür kämpfen, dass dort alle Kräfte „für uns“ eingesetzt werden? Und schließlich: „Wann nimmt Uellenberg die Worte in den Mund: ‚Streik in Köln‘?“