Kein bisschen Frieden

Ein Interview mit dem Theologen und Sprecher des Bremer Friedensforums, Hartmut Drewes

Bremen taz ■ taz: Vor genau 65 Jahren begann mit dem Überfall auf Polen der zweite Weltkrieg. Doch so richtig was los ist heute am Antikriegstag nicht in Bremen. Woran liegt‘s?

Hartmut Drewes: Große Demonstrationen hat es am 1. September in Bremen schon lange nicht mehr gegeben. Es wäre im Augenblick auch nicht sinnvoll, neben den Montagsdemos noch zu einer großen Antikriegsdemo zu mobilisieren, da kämen einfach zu wenig. Also macht man lieber Informationsveranstaltungen und ähnliche Dinge.

Aber von denen lassen sich doch immer nur dieselben paar Engagierten locken.

Es kommen dennoch immer neue Leute dazu, auch Jüngere, da sind wir selbst oft ganz überrascht. Aber Sie haben recht, wir bewegen hier keine großen Massen, schon gar nicht mit solchen Veranstaltungen. Ich bezweifle aber, dass das mit solchen Demonstrationen möglich wäre. Wahrscheinlich muss man die soziale Frage noch stärker mit der Friedensfrage verknüpfen, das sind ja zwei Seiten einer Medaille. Wenn auf der einen Seite mehr Geld für das Militär ausgegeben wird, fehlt es auf der anderen Seite im Sozialen.

Also brauchen Sie keine eigenen Demos mehr, sondern hängen sich an die Montagsdemos ran?

So einfach habe ich das nun auch wieder nicht gesagt. Die Frage ist doch: Wo drückt den Leuten der Schuh zurzeit am meisten? Und das ist im sozialen Bereich, wo man große Ängste hat. Dabei wären die Ängste vor Deutschland als einer großen Militärmacht genauso berechtigt, und das machen wir auch auf den Montagsdemos deutlich.

Aber Kriege gibt es doch derzeit auch, warum demonstriert niemand für Frieden im Sudan?

Es muss noch stärker ins Bewusstsein dringen, dass wir zivile Konfliktlösungen brauchen. Das ist ja etwas anderes als Angst vor einem neuen Krieg zu haben. Der Bürgerkrieg im Sudan ist vermeintlich weit weg, aber wenn ein Krieg so detailliert vorbereitet wird wie im Irak, dann entstehen Ängste und Wut. Jetzt haben wir uns an die täglichen Todesopfer im Irak ja schon fast gewöhnt. Solange es keine neuen beunruhigenden Entwicklungen gibt, schirmt man sich ab.

Aber Frieden ist doch viel mehr als die Abwesenheit von Krieg ...

Ja, natürlich, das ist die Forderung nach Abrüstung, aber damit sind wir nach der Wende keinen Schritt weiter gekommen. Es werden neue Waffensysteme entwickelt, da kann einem Angst und Bange werden.

Macht Sie das nicht mürbe?

Nein. Verzweifeln müsste man, wenn man glaubte, mit unseren Aktivitäten die Welt verändern zu können. Große Erfolge sind so einfach nicht.

Fragen: Eiken Bruhn

Termine siehe Veranstaltungskasten