Kein Klebe-Effekt

Bremer Arbeitnehmerkammer präsentiert Untersuchung zu den Folgen der Hartz-Gesetze

Bremen taz ■ Hartz hat dreimal nichts gegen die Arbeitslosigkeit in Bremen gebracht und wird auch mit römisch vier nicht besser. Das meinen die Arbeitsmarktforscher der Arbeitnehmerkammer Bremen, nachdem sie ein halbes Jahr lang Daten zur Beschäftigung gesammelt haben. Gestern wurde dort ein 52-seitiger Bericht vorgestellt.

Schon Hartz I bis III hätten ernüchternde Folgen gezeitigt, verriet Kammergeschäftsführer Heinz Möller. Die Details der Untersuchung verweisen auf grobe Unstimmigkeiten der Gesetze. Die Halbierung der Arbeitslosigkeit bis 2005, vom Kommissionsvorsitzenden Peter Hartz vor drei Jahren in Aussicht gestellt, hat weder in Bremen noch in Bremerhaven überhaupt begonnen. „Da spricht kein Mensch mehr von“, sagte die Kammerreferentin für Beschäftigungspolitik, Hella Baumeister. Tatsächlich: 43.000 Arbeitslose im Juli 2004 sind 2.708 mehr als vor zwei Jahren. Zugleich reduzierte sich die Zahl aller gemeldeten offenen Stellen von 5.294 bis auf 3.000.

Die Gesetzestexte nach Hartz beschreiben laut Arbeitnehmerkammer statt Beschäftigungs- nur „Anspruchspolitik“: eine Politik gegen Ansprüche der Erwerbstätigen. Die bis 400 Euro abgabenfreien Mini-Jobs ersetzten reguläre Stellen, Ich-AGs förderten teilweise bloße Scheinselbstständigkeit. Im Landesgebiet Bremen wuchs die Zahl der ausschließlich geringfügig Beschäftigten allein von Juni bis September 2003 um 1,2 Prozent auf 44.500 Menschen. In manchen Branchen seien Mini-Jobs inzwischen Normalität, betonte Baumeister, bei Gebäudereinigern etwa (59,4 Prozent) oder im Einzelhandel (53,9 Prozent). Letzterer baute von Juni 2002 bis Juni 2003 landesweit sogar 250 sozialversicherungspflichtige Stellen ab, heuerte 652 haupterwerbliche Mini-JobberInnen an.

Personal-Service-Agenturen (PSA) hingegen, die Arbeitslose in einem Zeitarbeitsverhältnis an Betriebe ausleihen sollen, zeigen laut Forscher-Team wenig Wirkung. Von 652 PSA-Klienten kam bis Ende 2003 nur jeder Elfte zu einer Stelle im ersten Arbeitsmarkt, trotz 2,4 Millionen Euro öffentlicher Förderung.

Laut Kammerchef Möller sind Hartz I, II, III und ab 2005 auch IV „staatlicher Druck auf die Lohnerwartung“. Die Kammer prognostiziert, dass ab Januar landesweit 5.000 Menschen ihren Anspruch auf Hilfe ganz verlieren. 10.000 Haushalte würden geringere Unterstützung erhalten.

„Einige werden dauerhaft von Alimentierung abhängig, obwohl sie arbeiten“, erwartet Baumeister: Ich-AG-BetreiberInnen vom Einkommen der Ehegatten, Mini- und Ein-Euro-Jobber von der Stütze. „Der berühmte Klebeeffekt funktioniert nicht“, sagte Möller. Billig-Beschäftigte blieben nicht in sicheren Arbeitsverhältnissen haften. tiw