Naturschutz ist schon lange nicht mehr

Bezirksregierung Weser-Ems urteilt: Die 18 Landkreise und Städte kommen ihren Naturschutz-Pflichten nicht nach

Oldenburg taz ■ Die achtzehn Landkreise und kreisfreien Städte in der Region Weser-Ems kommen ihren gesetzlichen Pflichten für eine aktive Naturschutzarbeit nicht nach. Dieses Fazit zieht der Leiter der Oberen Naturschutzbehörde der Bezirksregierung Weser-Ems in Oldenburg, Helmut Dieckschäfer, in einem jetzt bekannt gewordenen Papier. Darin dokumentiert seine Behörde die Naturschutzarbeit der letzten zehn Jahre in der Region.

Anlass der Bestandsaufnahme Dieckschäfers ist die von der niedersächsischen Landesregierung angekündigte Verwaltungsreform. Danach sollen unter anderem die Bezirksregierungen abgeschafft und deren Aufgaben an andere Institutionen übertragen oder den Landkreisen und Städte zugeschlagen werden. „Die Politik will den aktiven Naturschutz zerschlagen“, urteilt Dieckschäfer. Mit ihrem Papier weist die Bezirksregierung jetzt nämlich nach, dass die Landkreise und Städte gar nicht in der Lage sind, zusätzliche Aufgaben zu übernehmen. Mehr noch: Sie belegt, dass diese im Bereich des Naturschutzes nicht einmal ihre jetzigen Aufgaben erledigen. Grund, so die Oldenburger Analyse, sei die schlechte personelle Ausstattung der Unteren Naturschutzbehörden und politisches Desinteresse der Verantwortlichen.

So haben einige Landkreise nach zehn Jahren noch immer keine Landschaftsrahmenpläne ausgearbeitet. Diese Pläne aber sind Grundlage jeglicher Naturschutzverwaltung. Ohne den Landschaftsrahmenplan können keine Schutzgebiete ausgewiesen werden – und werden es auch nur unzureichend. Die EU droht deswegen schon mit hohen Geldstrafen.

Auf dem Schreibtisch von Uilke van der Meer in Norden/Ostfriesland stapeln sich Landkarten und Flächenbeschreibungen. „Die gehen jetzt nach Brüssel“, sagt der Sprecher der unabhängigen Naturschutzgruppen, die sich zum so genannten Wattenrat zusammengeschlossen haben: „Der Landkreis Aurich, die Stadt Emden und der Landkreis Leer würden sich die Finger danach lecken.“ Die vom Wattenrat erstellten Karten belegen, das Windparks, Golfplätze oder Strassen entlang der Küste oder auf den Inseln direkt in hochwertigen Naturgebieten gebaut wurden, die nach europäischem Recht als Naturschutzflächen (FFH-Gebiete) hätten ausgewiesen werden müssen.

Das Papier der Bezirksregierung wiederum belegt nun, warum das so ist. Viele Landkreise haben schlicht keine aktuellen Daten darüber, wie ökologisch wertvoll ihrer Gemarkungen sind. „Die haben daran auch kein großes Interesse, weil sie ihre Flächen dann wirtschaftlich nicht mehr so nutzen könnten“, vermutet Uilke van der Meer. Er ist sicher: „Nichts scheuen die kommunalen Verwaltungen mehr als die Ausweisung von Naturschutzflächen.“

Thomas Schumacher