Klatschender Dampfkessel

Rechts-Senat darf weitermachen: Antrag auf Neuwahlen wurde von der Mehrheit der Hamburger Bürgerschaft erwartungsgemäß abgeschmettert. Zuvor heftige Vorwürfe der Opposition zur Halbzeitbilanz von Schwarz-Schill

von PETER AHRENS

Der Hamburger Rechts-Senat bleibt bis auf weiteres im Amt. Das dürfte auch die rot-grüne Opposition nicht überraschen, die gestern einen Antrag auf Neuwahlen in die Bürgerschaft eingebracht hatte. Erwartungsgemäß hielten sich die Abgeordneten von CDU, FDP und Schill-Partei bei namentlicher Abstimmung an ihren Stühlen fest und lehnten den Antrag mit ihren 64 Stimmen geschlossen ab, die 57 Abgeordneten von SPD und GAL stimmten ebenso geschlossen dafür. Dass sie im Vorfeld für ihre bisherige zweijährige Regierungszeit abgewatscht wurde, konnte die Koalition allerdings nicht verhindern.

Zunächst zerpflückte SPD-Fraktionschef Walter Zuckerer das Lieblingsprojekt „Wachsende Stadt“ von CDU-Bürgermeister Ole von Beust: „Das Einzige, was in dieser Stadt wächst, sind die Gegensätze“, malte er ein Bild Hamburgs, in dem die Arbeitslosenzahlen überproportional nach oben gehen, die Kultursenatorin sich als „Ärgernis des Jahres“ profiliert und „Eltern, die auf einen Kita-Platz warten, vor dem Nichts stehen“.

Die Umstände um die Entlassung Schills sind für Zuckerer ein „monströser Skandal“. Dass Schill als Abgeordneter weitermachen könne, ebenfalls: „Er hat als Mensch eine zweite Chance verdient, als Politiker nicht.“ Wenn es nun nicht zu Neuwahlen komme, werde die Koalition eben in zwei Jahren von der Bildfläche verschwinden: „Dafür lege ich meine Hand ins Feuer. Anderenfalls wird der Fraktionschef nicht mehr Walter Zuckerer heißen.“

Dagegen hatten die Koalitionäre nicht viel zu setzen und legten ihr Dilemma offen, kaum über fähige Redner im Parlament zu verfügen. CDU-Fraktionschef Michael Freytag formuliert zwar unfallfrei, aber seine steten Wiederholungen über das „komplette Versagen der Opposition“ ermüden nach zwei Jah-ren doch sehr. Und als es am spä-ten Nachmittag auf der Tagesordnung um den Neuwahlantrag ging, schickte die CDU mit ihrem Fraktionsgeschäftsführer Frank Schira nur ein politisches Leichtgewicht ans Rednerpult.

Das Ansinnen der Opposition, vorzeitig zu wählen, war für Freytag ohnehin nur „eine Realsatire und Lachnummer“. Einen Treffer landete er immerhin damit, dass er die Hamburger Kulturpolitik als „bundesweit ohne Beispiel“ bezeichnete.

Da der Bürgermeister und seine SenatorInnen sich aus der Debatte völlig heraushielten, hatten es Zuckerer und seine GAL-KollegInnen Christa Goetsch, Christian Maaß und Willfried Maier leicht, einen Treffer nach dem anderen anzubringen. „Die Stadt ist in diesen zwei Jahren ärmer geworden“, bilanzierte Fraktionschefin Goetsch und sah überall nichts als „Steinbrüche und Baustellen“.

„Schill sitzt zwar nicht mehr vorne, aber er wird Ihnen auch von hinten auf die Pelle rücken“, prophezeite Goetsch dem Bürgermeister: „Der Mann ist ein Dampfkessel, irgendwann wird er überkochen, und dann müssen Sie die Suppe auslöffeln.“ Der Plan, „den Richter Gnadenlos zum Ex-Senator Bedeutungslos zu machen“, sei gescheitert, indem Schill auf der Abgeordnetenbank Platz genommen hat.

Der so Titulierte saß derweil in der letzten Reihe seiner Fraktion und schrieb scheinbar unbeteiligt Autogrammkarten. Eigentlich rührte er sich nur einmal: Als die SPD-Abgeordnete Elisabeth Kiausch von Beust vorhielt: „Sie mögen vielleicht mit Schill fertig sein. Aber Schill ist sicherlich noch lange nicht mit Ihnen fertig.“ Da klatschte der Abgeordnete Schill kurz Beifall.