Furcht vor dem Kuhhandel

Der Bremer DGB wehrt sich gegen eine Flexibilisierung des Tarifrechts. Die Betriebe hätten bereits genügend Spielraum für individuelle Vereinbarungen in Krisenzeiten

Bremen taz ■ Bundesweit macht der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) derzeit mobil gegen eine Aushöhlung des Tarifrechts – jetzt ist die Protestwelle auch in Bremen angekommen. „Wir werden es nicht hinnehmen, dass Tarifverträge beliebig unterwandert werden können“, sagte DGB-Chefin Helga Ziegert gestern. Ihre Gewerkschaft wende sich damit gegen einen Gesetzentwurf der CDU-/CSU-Bundestagsfraktion zur Modernisierung des Arbeitsrechts.

Der Entwurf der Union sieht vor, dass sich künftig der Arbeitgeber mit Betriebsrat und Belegschaft über Fragen wie Lohn und Arbeitszeit verständigen kann, ohne dass die Gewerkschaften an den Verhandlungen beteiligt sein müssen. Die vereinbarten Arbeitsbedingungen können dann von den Regelungen abweichen, die in den Tarifverträgen festgelegt wurden. „Eine solche Unterwanderung der Tarifverträge würde zu einer breiten Absenkung der Löhne und zur deutlichen Verschlechterung der Arbeitsbedingungen führen“, befürchtet Ziegert, die für die SPD in der Bürgerschaft sitzt.

„Nach Ansicht des DGB bieten die bestehenden Tarifverträge bereits genügend Spielraum für individuelle Vereinbarungen in Betrieben. In vielen Tarifverträgen gebe es seit Mitte der neunziger Jahre Öffnungsklauseln, die es ermöglichten, in Krisenzeiten über Lohn und Arbeitszeit zu verhandeln.

„Es hat noch keinen Betrieb in Deutschland gegeben, der an der Starrheit der Tarifverträge zugrunde gegangen ist“, sagte Ziegert. Ein Beispiel für eine gelungene einzelvertragliche Regelung sei der Ergänzungstarifvertrag, der bei Airbus Bremen abgeschlossen wurde. Hier einigten sich Belegschaft, IG Metall und die Arbeitgeber im Frühjahr diesen Jahres darauf, dass Mehrarbeit nicht mehr bezahlt, sondern auf verschiedenen Arbeitszeitkonten angelegt wird. Auf einem „Sicherheitskonto“ können die Mitarbeiter Überstunden ansammeln, die sie bei schlechter Auftragslage wieder abbauen können.

SPD und Grüne haben sich bislang ablehnend zu dem CDU-/CSU-Vorstoß geäußert. Der DGB befürchtet jedoch, die Bundesregierung könne sich auf einen „Kuhhandel“ mit der Opposition einlassen und so deren Zustimmung zu anderen Reformprojekten erkaufen. „Wir sind nicht sicher, ob Rot-Grün da nicht weich wird“, sagte Ziegert. dos