Barnier findet viele Botschafter für seine Sache

Über viele Wege versucht die französische Diplomatie, einen Draht zu den Entführern der Journalisten zu bekommen. Die arabische Welt steht geschlossen auf Seiten Frankreichs

KAIRO taz ■ „Das Leben zweier Journalisten retten“ lautet die klare Mission des französischen Außenministers Michel Barnier bei seiner kurzfristig angesetzten Reise in den Nahen Osten. Während das Ultimatum für die verschleppten Journalisten Christian Chesnot und Georges Malbrunot ausläuft, versucht der oberste französische Diplomat die guten Kontakte seines Landes in der arabischen Welt zu mobilisieren.

Bei seinem Kurzbesuch in Kairo plädierte er noch einmal öffentlich für das Leben der beiden Journalisten, deren Ermordung angedroht wurde, sollte das Kopftuchverbot an Frankreichs Schulen nicht bis Dienstagabend aufgehoben werden. „Ich rufe im Namen der Prinzipien der Menschlichkeit die Entführer auf, die beiden Männer freizulassen. Respekt für das menschliche Leben ist ein Kern des muslimischen Glaubens und der religiösen Praktiken der Muslime“, erklärte Barnier auf einer Pressekonferenz. Bei seinen Gesprächspartnern, dem ägyptischen Amtskollegen Ahmad Abu Gheit und dem Chef der Arabischen Liga, Amru Musa, fand er erwartungsgemäß ein offenes Ohr. Beide plädierten für die Freilassung der Journalisten. Anschließend reiste Barnier in die jordanische Hauptstadt Amman. Die Regierung König Abdallahs verfügt über gute Kontakte zu irakischen Stammesführern. Bei den Entführungen arbeiten islamistische Gruppen und kriminelle Banden, die einigen Stämmen zugerechnet werden, oft zusammen.

In Bagdad versucht unterdessen der französische Sondergesandte Hubert Colin, im Hintergrund die Fäden zu ziehen. Frankreich genießt als Land, das sich aus dem Irakkonflikt herausgehalten hat und sich im Nahostkonflikt den palästinensischen Forderungen gegenüber aufgeschlossen zeigt, einen guten Ruf, vor allem unter arabischen Nationalisten. Die Hoffnung ist wohl, dass deren Vertreter im militanten Widerstand auf die Entführer der beiden Journalisten, die so genannte Islamische Armee im Irak, Einfluss nehmen können.

Im Irak wird die Verschleppung der Journalisten allgemein verurteilt. Mitglieder des neuen Übergangsparlaments erklärten, die Forderung der Entführer sei illegal. Ein Parlamentarier aus dem islamistischen Lager, Muhsen Abdel Hamid, sagte, der irakische Widerstand habe mit der Entführung der französischen Journalisten nichts zu tun, sein Kampf richte sich nur gegen die Besatzung. Premier Ayad Allawi nutzte die Gelegenheit für einen Seitenhieb auf die im Krieg neutrale Position Frankreichs. „Kein Land kann in Sachen Irak neutral bleiben, die Franzosen täuschen sich, wenn sie glauben, sie könnten sich heraushalten“, ließ er verlauten.

Auch in anderen arabischen Ländern wird die Forderung der „Islamischen Armee“ abgelehnt. Die Fernsehstation al-Dschasira, die die Videobotschaften der Entführer ausgestrahlt hatte, verurteilte in einer Erklärung die Verschleppung und Belästigung von Journalisten im Irak und rief zu deren sofortigen Freilassung auf. Der prominente Fernsehprediger Scheich Qaradawi soll in Kairo mit Barnier gesprochen und dabei angekündigt haben, auf al-Dschasira in einer Erklärung zu fordern, die beiden Franzosen auf freien Fuß zu setzen.

Selbst islamistische Kreise, die stets laut gegen das Kopftuchverbot in Frankreich gewettert haben, schließen sich an. „Wir sind generell gegen Entführungen, egal unter welchem Vorwand sie geschehen“, heißt es beispielsweise in der Zeitung Arabische Horizonte, einem Sprachrohr der ägyptischen Muslimbrüder. Auch die iranische Regierung und die palästinensische Islamistenorganisation Hamas schlossen sich dieser Linie an. KARIM EL-GAWHARY