„Rose“ im St. Pauli Theater
: Die Macht der Erinnerung

Eine Parkbank ist alles, was die ukrainische Jüdin Rose im Moment braucht. Sie hält Shiv‘a, die Trauerwoche, für einen verstorbenen Verwandten. Und als 80-Jährige macht sie das nicht zum ersten Mal. Um ihre Eltern hat sie bereits getrauert, auch um ihre Tochter, die beim Aufstand im Warschauer Ghetto ermordet wurde, sowie um einen Freund, mit dem sie in ihrem neuen Wohnsitz Miami Beach ein Hotel führte. In ihrer Rückschau wird aus diesen Einzelschicksalen die Geschichte der Juden und des Staates Israel. Pogrome, der Sechstagekrieg, der Palästinenserkonflikt – Roses Erinnerungen wechseln vom Melancholischen ins Tragikomische. Dabei verharrt sie aber nicht in Gesellschaftskritik, sondern übt auch Selbstironie. Monica Bleibtreu, die schon 2001 als Rose in den Kammerspielen auftrat, offenbart dabei das Seelenleben einer Frau, für die das Trauern um das Leiden ihres Volkes zum Alltag gehört. Doch am schlimmsten ist für sie das Gefühl der Entwurzelung. Trotz ihres langen Lebens: Eine richtige Heimat hat sie nie gehabt. MAL

Sa, 4.9., 20 Uhr, St. Pauli Theater