schröder trifft bush
: Auf die falsche Seite gewechselt

Wenn zwei Regierungschefs 40 Minuten lang Artigkeiten miteinander austauschen, dann kann der Vorgang als solcher interessant sein – die anschließenden Pressestatements sind es fast nie. Sie bestehen im Allgemeinen aus den ewig gleichen Floskeln, die das Zuhören kaum lohnen.

Das war gestern nach dem Treffen zwischen George Bush und Gerhard Schröder anders: Die Differenzen zwischen Washington und Berlin gehören der Vergangenheit an, so die Botschaft des deutschen Bundeskanzlers. Nun gelte es, in die Zukunft zu blicken. Gerhard Schröder hat damit überraschend klar Stellung bezogen. Und sich auf die falsche Seite gestellt.

Kommentarvon BETTINA GAUS

Noch vor wenigen Tagen sah es so aus, als werde die Begegnung zwischen Schröder und Bush nicht mehr sein als eine jener Gepflogenheiten, die zwischen Verbündeten erwartbar und unvermeidlich sind, wenn nicht eine Seite irgendwann die Kanonenboote losschicken will. Dann jedoch gewann der Frontverlauf an Kontur: In ungewöhnlich harter Form hatte nämlich UN-Generalsekretär Kofi Annan vor den Folgen militärischer Alleingänge gewarnt und die so genannten Präventivkriege, die von Washington als legitim betrachtet werden, scharf verurteilt.

Der US-Präsident hingegen präsentierte sich vor den Vereinten Nationen auf eine Art und Weise, die bei jedem weniger mächtigen Staatschef weltweit als bedrohlich unbelehrbar bezeichnet worden wäre. Wenn Schröder vor dieser Kulisse erklärt, man habe die Differenzen hinter sich gelassen, dann ist das mehr als eine diplomatische Höflichkeit. Es ist ein Kotau.

Dennoch wird es keine neue Antwort auf die Frage geben, auf die sich die innenpolitische Diskussion in Deutschland in den letzten Wochen verengt hat: Die rot-grüne Bundesregierung dürfte bei ihrer Entscheidung bleiben, keine deutschen Soldaten in den Irak schicken zu wollen. Dafür sprechen mindestens zwei Gründe, die der Kanzler bestimmt gewichtig findet. Zum einen hätte er es wohl schwer, dafür im Parlament eine eigene Mehrheit zu finden, und zum anderen lässt sich mit Hilfe dieser – scheinbaren – Standfestigkeit die Tatsache leichter verschleiern, dass Schröder nun eben doch umgefallen ist. Bush wird auf die paar Bundeswehrsoldaten, die allenfalls eine symbolische Bedeutung gehabt hätten, gut verzichten können. Geld und moralische Unterstützung zählen für ihn in dieser Situation mehr. Beides wird er nun bekommen.