Final, letal, ganz egal

Konsequent, offensiv, verdachtsunabhängig: Innensenator Dirk Nockemann will in Hamburg so richtig aufräumen mit Ausländern, Dealern und auch der eigenen Polizeiführung. Im Falle von Unbotmäßigkeiten droht die vorläufige Erschießung

von SVEN-MICHAEL VEIT

Wenn Dirk Nockemann vom Leder zieht, sollten viele besser in Deckung gehen. Die „Bilanz“ seines Amtsvorgängers, dessen Name ihm nicht über die Lippen kam, und die „Schwerpunkte meiner Arbeit“ stellte Ronald Schills Nachfolger als Innensenator gestern vor. Und er ließ keinen Zweifel aufkommen, dass in der Behörde am Johanniswall künftig ein noch gnadenloserer Wind wehen wird.

Von „konsequenter Rückführung“ unerwünschter Nicht-Deutscher schwadronierte der neue Innensenator, der als Chef-Abschieber in Mecklenburg-Vorpommern über einschlägige Erfahrungen verfügt. Er sei optimistisch, in diesem Jahr „erstmals die Schallmauer von mehr als 3.000“ Abgeschobenen zu durchbrechen, die Hälfte mehr als noch unter Rot-Grün. Mit welchen Methoden solch zweifelhafter Rekord erreicht werden soll, dokumentieren zwei Fälle aus der Arbeit der Flüchtlingsberatungsstelle Café Exil (siehe rechts). Am 1. Oktober wird die Innenbehörde die Zuständigkeit für das Asylbewerberschiff „Bibby Altona“ in Neumühlen übernehmen, und dann, so der Senator, werde die Gangart dort „schnell und konsequent“ sein.

Noch entschlossener als bisher werde das Vorgehen sein gegen die „offene“ Drogenszene, der die BürgerInnen von seinen SPD-Vorgängern „schutzlos ausgeliefert worden“ seien, gegen Schulschwänzer, gewalttätige Jugendliche und solche, die auf der Straße Alkohol trinken „oder sonstwie auffällig“ würden. Rund 450 weitere Polizisten würden bis Ende dieses Jahres eingestellt werden, kündigte Nockemann an, und die würden „vor Ort Präsenz zeigen“. Als Fußstreifen in Uniform und Zivil sollten sie „offensiv“ gegen Täter vorgehen.

Und nicht nur gegen die. Die Befugnis zu „verdachtsunabhängigen Kontrollen“ müsse in einer Neufassung des Sicherheits- und Ordnungsgesetzes ebenso festgeschrieben werden wie der „finale Rettungsschuss“, eine Umschreibung für die Lizenz zum Töten. Dies seien „Essentials“ für ihn, stellte Nockemann klar.

Und ebenso stellte er auch klar, dass er im Gegenzug von der Hamburger Polizei mehr Leistung verlange. Die Kriminalitätsbekämpfung sei bislang „nicht zufrieden stellend“; geradezu „verärgert“ sei er über die Fehler in der Halbjahresstatistik, die vorige Woche bekannt wurden. Da habe „das Controlling“ nicht funktioniert, er verlange von der Polizeiführung, dass sie „effektiver“ arbeite. Allerdings wolle er „zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht über personelle Konsequenzen spekulieren“.

Polizeipräsident Udo Nagel lauschte seinem neuen Chef bedripst und wortkargte auf Nachfrage, er habe dessen Worten „nichts hinzuzufügen“.