IRAK: MILITÄRISCHE DROHUNGEN HELFEN WAFFENINSPEKTOREN WENIG
: Versteckte Schwächen

Eines steht jetzt fest: Es lag nicht an den UN-Inspektoren, dass vor dem US-Angriff im Irak keine eindeutigen Hinweise auf Chemie- oder Biowaffen gefunden wurden. Auch die CIA wurde bislang nicht fündig. Das bedeutet noch nicht zwingend, dass keine Restbestände des irakischen Bio- und Chemiewaffen-Arsenals vorhanden sind. Aber je länger die CIA erfolglos sucht, desto unwahrscheinlicher scheint es, dass der Irak vor dem Krieg noch über Kampfstoffe verfügte. Noch viel unwahrscheinlicher ist es, dass Irak über komplette, einsetzbare Waffen verfügte.

Umso mehr rückt deshalb die Frage in den Vordergrund, warum der Irak vor dem Krieg nicht besser mit den UN-Waffeninspektoren zusammengearbeitet hat. Das Regime hätte doch, so die geläufige Annahme, auf diese Weise den Angriff und somit seine Entmachtung verhindern können.

Es deutet immer mehr darauf hin, dass das irakische Regime nicht die Aufdeckung seiner ABC-Waffen-Programme fürchtete – sondern das genaue Gegenteil. Irak wollte offenbar verschleiern, dass es das von der US-Regierung so hochgeredete Waffenmaterial gerade nicht besitzt. Zumindest wollte Bagdad wohl die US-Regierung mit einer ambivalenten Informationspolitik verwirren. Das wäre plausibel. Denn spätestens seit 1998 war die Politik der USA darauf ausgerichtet, das Regime in Bagdad notfalls auch militärisch zu beseitigen. Die irakische Führung hatte also nichts zu verlieren und ging offenbar davon aus, dass schon eine angedeutete ABC-Waffenfähigkeit die US-Regierung noch von ihren Plänen abbringen könnte.

Der jetzt bekannt gewordene Bericht der CIA weist deshalb darauf hin, dass die miliärische Drohung der USA gegen den Irak nicht notwendigerweise zu einem Mehr an Kooperation beim Irak geführt hat – wie es selbst einige Kriegskritiker vor dem Krieg meinten. Vielmehr wird deutlich, wie wenig derartige martialische Drohungen dazu taugen, Waffeninspektionen durchzusetzen. Invasionsdrohungen scheinen sogar dazu zu führen, dass sich die betroffenen Regime noch mehr abschotten und eine realistische Einschätzung ihrer militärischen Potenziale somit noch schwieriger wird. ERIC CHAUVISTRÉ