nebensachen aus brandenburg (teil 3)
: Stahl und Seen: Landkreis Oder-Spree

In Brandenburg wird am 19. September ein neuer Landtag gewählt. Die taz stellt bis zur Wahl die 14 Brandenburger Landkreise vor. Heute: Landkreis Oder-Spree.

Wenn man vom Berliner Speckgürtel, von Erkner oder Grünheide, auf den Landkreis schaut, sieht man etwas anderes als von Eisenhüttenstadt. Doch manchmal ist der Blick von der Peripherie aufs Zentrum aufschlussreicher als umgekehrt.

Dabei war auch Eisenhüttenstadt einmal Zentrum. 1950 war es, da beschloss die SED, neben der Altstadt von Fürstenberg an der Oder ein Stahlwerk aus dem Boden zu stampfen und die erste sozialistische Stadt der DDR zu bauen. Wie sich eine solche Stadt aus der Sicht ihrer Bewohner darstellte, kann man heute noch im Dokumentationszentrum Alltagskultur der DDR nachschauen, einem der interessantesten Museen Brandenburgs.

Auch wenn das Eisenhüttenkombinat Ost inzwischen wieder 3.500 Arbeiter beschäftigt, ist „Hütte“, wie man in Brandenburg sagt, keine Pionierstadt des Aufbruchs mehr, sondern eine des Schrumpfens. Das gilt nicht nur für die Abrisse im Plattenbau, sondern auch für das malerisch am Steilufer der Oder gelegene Fürstenberg. Auch hier steht ein Großteil der Wohungen leer. Wer noch Arbeit hat, zieht vom 37.000 Einwohner zählenden Eisenhüttenstadt nicht selten ins nur 25 Kilometer entfernte Frankfurt mit seinen 70.000 Einwohnern.

Der Landkreis Oder-Spree hat aber noch andere Blickbeziehungen als die zwischen Seenlandschaft und Stahlkocherei. In Beeskow, der nicht nur heimlichen, sondern sogar tatsächlichen Haupstadt von „LOS“, hat man das Augenmerk längst auf die polnische Partnerstadt SulęĽcin gerichtet. Wirtschaftliche Zusammenarbeit und grenzüberschreitender Tourismus werden hier groß geschrieben. Das Problem ist nur: Der Landkreis verfügt über keinen einzigen Grenzübergang. Zwar ist eine neue Brücke über die Oder schon lange in Planung. Noch immer ist aber unklar, wo sie gebaut werden soll.

Die Deutschen plädieren für Eisenhüttenstadt, die Polen wegen der besseren Anbindung ans eigene Straßennetz für die Ziltendorfer Niederung. Dort wiederum gibt es erheblichen Widerstand. Nach der Oderflut von 1997 hat sich die Niederung gerade erst wieder erholt und freut sich über die zunehmende Beliebtheit bei Randwanderern.

Am westlichen Rand des Kreises spielen solche Probleme keine Rolle. Dort weist man selbstbewusst darauf hin, dass das Oder-Spree-Seengebiet bei Storkow zu den beliebtesten Ferienzielen in Brandenburg gehört.

Doch auch zwischen See und Stahl gibt es eine Verbindung. Es ist der Oder-Spree-Kanal von Fürstenberg bis nach Berlin, der schon 1669 von Kurfürst Friedrich Wilhelm angelegt wurde. Dass der Kanal inzwischen auch als Idylle empfunden wird, liegt daran, dass manchmal Tage vergehen, bis ein Schleppkahn vorbeikommt. See oder Stahl – diese Frage ist entzwischen entschieden, auch wenn bei EKO der Schornstein noch raucht.

UWE RADA

Morgen: Landkreis Spree-Neiße