Ein juristischer Slam-Dunk

Der Vergewaltigungsprozess gegen den Basketballprofi Kobe Bryant findet nicht statt, weil die Klägerin nicht mehr aussagen will. Die Zivilklage bleibt vorerst bestehen

BERLIN taz ■ Die Los Angeles Lakers können aufatmen, und ihr Star Kobe Bryant kann es erst recht. Anstatt vom kommenden Dienstag an in Eagle, Colorado wegen Vergewaltigung vor Gericht zu stehen, kann sich der 25-jährige Basketballprofi voll auf die nächste NBA-Saison konzentrieren. Richter Terry Ruckriegle sagte den Prozess am Mittwoch ab, nachdem die Anklage einen entsprechenden Antrag gestellt hatte. Die 20-jährige Frau, die Bryant der Vergewaltigung bezichtigt hatte, sei nicht mehr bereit, am Prozess teilzunehmen, lautete die Begründung. Ankläger Mark Hurlbert zeigte sich enttäuscht über die Entwicklung: „Die Gerechtigkeit ist heute auf traurige Weise unterbrochen worden.“

Der Anwalt der Klägerin, John Clune, führte den ungeheuren Druck auf seine Mandantin als Grund für den Prozessverzicht an: „Die Schwierigkeiten, welche dieser Fall der jungen Frau im letzten Jahr auferlegt hat, sind unvorstellbar.“ Nachdem einige Medien widerrechtlich ihre Identität bekannt gegeben hatten, waren bei der Frau beleidigende Briefe und Morddrohungen eingegangen. Zudem hatte die Verteidigung durch eine Vielzahl von Anträgen erreicht, dass der Richter die Thematisierung des Sexuallebens der Klägerin vor Gericht teilweise zuließ, was das „Rape-Shield“-Gesetz von Colorado eigentlich verbietet. Bryants Anwältin Pamela Mackey hatte keinen Zweifel daran gelassen, dass ihre Strategie vor allem in einer aggressiven Desavouierung der Klägerin und der Unterstellung bestehen würde, dass diese in der fraglichen Zeit Sex mit mehreren Männern hatte und ihre Verletzungen von jemand anders stammten.

Jüngst bekannt gewordene Ermittlungsakten hatten allerdings eher gegen den Basketballer gesprochen. Das an seinem T-Shirt gefundene Blut stammte eindeutig von der Klägerin, deren Verletzungen Experten als unvereinbar mit einverständlichem Sex klassifiziert hatten, wie er von Kobe Bryant stets behauptet wurde.

Angesichts dieser für beide Seiten prekären Umstände haben sich die Vertreter von Klägerin und Beklagtem offenbar geeinigt, nicht vor Gericht zu gehen. Teil des Deals war eine ausführliche, aber äußerst oberflächliche Entschuldigung von Kobe Bryant bei der jungen Frau, in der wenig Reue zum Ausdruck kommt. „Obwohl ich ehrlich überzeugt bin, dass unser Zusammentreffen einverständlich war, erkenne ich an, dass sie den Vorfall nicht auf dieselbe Weise sah und sieht“, ist schon die größte Konzession, auf die er sich einlässt.

Bestehen bleibt trotz der Verfahrenseinstellung die parallel laufende Zivilklage, da beide Parteien bislang offensichtlich keine Einigung über die Höhe des Schadenersatzes erzielen konnten, der jedoch erklecklich ausfallen dürfte. Was Kobe Bryant indes wenig tangieren wird. Erst vor wenigen Wochen hat er bei den Lakers einen neuen Siebenjahresvertrag über 136,4 Millionen Dollar unterschrieben.

MATTI LIESKE