Gysi ist nur zweite Wahl

Gregor Gysi stellte gestern die Biografie Oskar Lafontaines vor – der Beginn einer wunderbaren Partei-Liaison?

Eigentlich wollte Oskar Lafontaine Parteifeind Gerhard Schröder für die Vorstellung seiner Biografie gewinnen. Doch in resignierter Voraussicht, dass dieser wohl absagen werde, empfahl Lafontaine, der Moralapostel der SPD, dem Verlag seinen Kumpel und Anwalt Gregor Gysi von der PDS. Als zweite Wahl gewissermaßen. Aber er stand bereit.

Den beiden wird in letzter Zeit ein politisches Tête-à-tête nachgesagt. Es heißt, sie liebäugelten miteinander und planten eine Parteiheirat. Gregor selbst verbreitete die Gerüchte, Oskar dementierte nicht. Als Mitgift aus dem Osten will Gysi seine PDS einbringen und Lafontaine das Westpaket „Wahlalternative“, die geplante Linkspartei. Vorausgesetzt, er tritt dort ein und aus der SPD aus. Was sich, wie Gysi aus Telefonaten weiß, nach den Landtagswahlen in Nordrhein-Westfalen, also im Mai, entscheiden werde. Wenn die SPD nach der erwarteten Niederlage keine ernsthafte Kursänderung vornehme, verlasse Lafontaine das sinkende Schiff, berichtet Gysi. Mit solchen Sprüchen macht Lafontaine seine Partei nervös.

Beide zusammen erregen Angst bei den Beamten vom Pressezentrum des Bundestages. Denn dort wurde Gysi kurzfristig ausgeladen, selbst wenn Oskar Lafontaine lediglich auf dem Cover des Buches präsent und obendrein unterm Hals abgeschnitten war. Aber offenbar erreicht allein die Kombination ihrer Namen eine kritische Masse. Gy.+ L. = GLycerin, aus dem bekanntlich Sprengstoff gewonnen wird.

„Es gibt keine sachlichen Gründe, warum wir nicht in einer Partei sein sollten“, bekennt Gysi. Eine Kernübereinstimmung verbinde ihn und Oskar. Beide seien sie gegen Neoliberalismus. Weitere Ähnlichkeiten fallen ins Auge: beide sind kleine Männer mit großen Ambitionen, sie sind schelmisch, unterhaltsam und streitbar. Sie reden gern. Lafontaine sprach am vergangenen Montag in Leipzig, Gysi wird in der kommenden Woche in Magdeburg agitieren. Eine Verbindung zwischen Gleichen also: „Wir versuchen uns nicht zu bescheißen“, sagt Gysi. Für eine Liaison spricht auch, dass Oskar ihm gestanden habe: „Seine Mutter und Schwiegermutter finden mich ganz gut und wählen auch dementsprechend.“ Na bitte, den Segen der Familie haben sie.

Allein Oskar ziert sich. „Ich habe seine Drohung, sich der Linkspartei anzuschließen, als Alarmsignal an die SPD verstanden“, sagt Gysi. Offenbar will Oskar politisch doch lieber mit dem Gerhard. Und Gregor ist nur zweite Wahl. ANNA LEHMANN