Irak: UN-Mission vor Abbruch

Nach zwei Bombenanschlägen auf die Zentrale in Bagdad erwägt die UNO ein Ende ihrer Arbeit im Irak. UN-Generalsekretär Kofi Annan ordnet den Abzug von internationalem Personal an

BERLIN taz ■ Die UNO steht wegen der sich laufend verschlechternden Sicherheitslage im Irak kurz vor dem vollständigen Abbruch ihrer dortigen Mission. Bereits gestern erklärte der Sprecher von Generalsekretär Kofi Annan, dass weiteres Personal aus dem Irak abgezogen wird. Eine UN-interne Empfehlung sieht den Abzug aller verbliebenen internationalen MitarbeiterInnen vor. Irakische Angestellte sollen mit zweiwöchiger Lohnfortzahlung nach Hause entlassen werden. Ausrüstungsgegenstände und Fahrzeuge der Mission sollen im internationalen Flughafen deponiert und von US-Truppen vor Plünderern geschützt werden.

Auf diese Empfehlungen an Generalsekretär Kofi Annan einigten sich die für Sicherheitsfragen zuständigen Gremien der UNO in Bagdad und im New Yorker Hauptquartier bei mehreren Sitzungen seit dem jüngsten Bombenanschlag vor der Bagdader UNO-Zentrale am Montag dieser Woche.

Die Protokolle dieser vertraulichen Sitzungen, an denen in New York die stellvertretende UNO-Generalsekretärin Louise Fréchette teilnahm, liegen der taz vor. Fréchette ordnete striktes Stillschweigen über Verlauf und Ergebnis der Beratungen an, bis Annan seine Entscheidung verkündet.

In UNO-Kreisen gilt als sicher, dass der Generalsekretär der Empfehlung zum Abbruch der Mission folgen wird – trotz seiner erheblichen Bedenken wegen der symbolischen Wirkung dieses Schrittes und seiner schwer kalkulierbaren Auswirkungen auf die laufenden Verhandlungen im Sicherheitsrat über eine neue Irakresolution. Zudem würde ein Abbruch die Einstellung aller Versorgungsleistungen für die irakische Zivilbevölkerung durch das Welternährungsprogramm bedeuten. Gestern ließ die UN verlauten, dass das Hilfsprogramm zunächst noch mithilfe irakischer Mitarbeiter fortgesetzt werden soll. Mit Rücksicht auf die derzeitige Generaldebatte in der Vollversammlung wird Kofi Annan seine Entscheidung wahrscheinlich erst nach Ende dieser Debatte kommende Woche verkünden.

Der UNO-Generalsekretär steht dabei auch unter Druck der Gewerkschaft des UNO-Personals in der New Yorker Zentrale. Diese hatte am Dienstag in einer öffentlichen Erklärung die sofortige Einstellung des UNO-Einsatzes im Irak und die Ausreise der internationalen MitarbeiterInnen wegen „unzumutbarer Gefahren“ gefordert.

ANDREAS ZUMACH

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