Wandernde Bäume

Rechtsfraktionen kippen Vorrang einheimischer Gehölze in Altona. Ginko war vor der Eiszeit schon mal hier

CDU, FDP und Schill-Partei haben in der Altonaer Bezirksversammlung einen Beschluss von 1994 gekippt, nach dem die Gartenbauabteilung in der Regel einheimische Büsche und Bäume pflanzen soll. Der Beschluss, den GAL und SPD fortschreiben wollten, berücksichtige nicht die besondere Situation in den Elbparks und auch nicht die besonderen Umweltbedingungen in der Stadt, erklären die Bezirkspolitiker. Umweltschützern zufolge könnte ein Rückgang einheimischer Pflanzenarten jedoch die Vielfalt der Tierwelt beeinträchtigen.

Der 1994er Beschluss lasse wenig Raum für das Nachpflanzen von Arten wie Rhododendron, Ginko oder japanische Zierkirsche und stehe damit im Widerspruch zu der Gartentradition an der Elbe, argumentieren CDU, FDP und Schill. Die ihm beiliegende Artenliste sei „unvollständig und für den Naturhaushalt teilweise wenig nutzbringend“. Die Fraktionen zitieren aus den einschlägigen Empfehlungen des Deutschen Städtetages, nach denen exotische Arten für extreme Orte in der Stadt besser geeignet seien. Die Gartenbauabteilung möge anhand dieser Empfehlungen arbeiten.

Dass sich fremde Arten etwa als Straßenbäume zuweilen tatsächlich eher bewähren als einheimische, ist Konsens. Mit der überdurchschnittlich warmen, trockenen und giftigen Umgebung kommen Exoten oft besser zurecht. Das haben die Altonaer Gartenbauer jedoch auch bisher schon berücksichtigt, wie aus ihrem im Juni vorgelegten Erfahrungsbericht hervorgeht. Der Umweltverband BUND befürchtet daher, mit dem neuen Beschluss solle die Ausnahme die Regel werden.

Einheimische Arten sorgen in der Regel für mehr biologische Vielfalt, weil die Tierwelt jahrtausendelang Zeit hatte, sich auf sie einzustellen. Was als einheimisch gelten darf, ist aber oft nicht klar. Die Kastanie sei in Südeuropa zuhause, sagt Kerstin Abicht von der Baumschule Lorenz von Ehren. Der vermeintlich exotische Ginko dagegen war hier Ureinwohner – vor der Eiszeit! Gernot Knödler