berliner szenen Mittwoch ohne Cruise

Vor Toms Tür

Freitag hatte ich frei, Samstag kam das Sams, Sonntag schien die Sonne, Montag und Dienstag war nix Besonderes, aber Mittwoch hätte ich eigentlich ein Date mit Tom Cruise gehabt, der wieder durch Berlin fuhr, wegen seines neuen Films „Collateral“.

Wenn ich rechtzeitig bei seiner Pressekonferenz gewesen wäre. Also, ich war natürlich rechtzeitig da, aber die Leute, die Tom Cruise beschützen, hatten die Pressekonferenz vorverlegt, und einfach nicht allen Bescheid gesagt, nur den echten, investigativen JournalistInnen (Focus, c’t, Bunte) und nicht Bäckerblumen- ReporterInnen wie mir. Ich kam also mit meinem Bäckerblumen-Presseausweis angetrabt, zur angegebenen Zeit, sogar etwas früher, um mein Make-up aufzufrischen, falls einer der Hollywood-Magnate mich entdecken sollte, gar Tom Cruise selber mich vielleicht wiedererkennt – letztes Jahr war ich schon einmal bei einer Tom-Cruise-Pressekonferenz und wir hatten uns blendend verstanden. Aber die Pressekonferenz hatte trotzdem bereits angefangen, und alle echten JournalistInnen waren schon drin.

Und damit ich Tom Cruise nicht bei seinen Gesprächen mit den echten JournalistInnen stören könne, ließ man mich nicht mehr rein. Ich kann das mit Glöckchen behängte Hippiekleid auch ausziehen, bettelte ich. Ich höre sogar auf der Stelle auf zu schreien! Aber nein.

Jetzt kann ich nur spekulieren, was Tom Cruise über seinen neuen Film gesagt hat. Vielleicht so etwas wie: Es war eine Herausforderung, mal einen Bösen zu spielen. Oder: Die Dreharbeiten haben mir großen Spaß gemacht. Oder: Ich liebe Berlin. Oder: Die Scientologen haben mir geholfen, mein Leben zu ordnen. Oder: Ich liebe meine Kinder. Genau werde ich es nie erfahren.

JENNI ZYLKA