nebensachen aus brandenburg (4)
: Glatzen und Genossen

In Brandenburg wird am 19. September ein neuer Landtag gewählt. Die taz stellt bis zur Wahl die 14 Brandenburger Landkreise vor. Heute: Landkreis Spree-Neiße

Sie sind wieder in den Schlagzeilen, die Ewig- und die Neugestrigen, die Neo- und die Nazis im Südosten Brandenburgs. Diesmal hat das rechte Gesicht des Landkreises Spree-Neiße sogar einen Namen: Egon Wochatz.

Während die Stadt Spremberg im Juni der Landung der Alliierten in der Normandie gedachte, zog es den 67-jährigen Exgeschichtslehrer ins Hinterzimmer der Gaststätte „Georgenberg“. Dort trank er mit den Veteranen der SS-Panzerdivision „Frundsberg“ auf die gefallenen Kameraden. All das wäre noch nicht schlagzeilenträchtig, wenn, ja wenn Egon Wochatz nicht Fraktionsvorsitzender der CDU im Landkreis wäre.

Zwischen Glatzen und Genossen bewegt sich der Kreis am südöstlichen Zipfel Brandenburgs schon seit der Wende. Trauriger Höhepunkt war eine Hetzjagd, der der Algerier Farid Garendoul alias Omar Ben Noui 1997 in Guben zum Opfer fiel. Auch damals hatte sich Wochatz zu Wort gemeldet. „Was hat der auch nachts auf der Straße zu suchen“, fragte der CDU-Mann und trug das seine dazu bei, dass Städte wie Guben und Forst bei Linken und Antifas als rechte Hochburg galten.

Dabei ist der Landkreis Spree-Neiße eher eine Hochburg der PDS. Schon bei der Europawahl waren die Genossen mit 31,5 Prozent unangefochten die Nummer eins, in der kreisfreien Stadt Cottbus erreichten sie sogar 36,5 Prozent. Zwischen Glatzen und PDS gerät mitunter der Alltag einer Region ins Hintertreffen. Dabei hat die Region einiges zu bieten an Alltag. Nicht nur in Cottbus, das – mit einer kreativen Mischung aus Energie, Theater und Universität – nach Potsdam längst zur Nummer zwei in Brandenburg geworden ist und damit auch ein Taktgeber für den umliegenden Landkreis.

In Forst zählt der Baudezernent Jürgen Goldschmidt zu den innovativsten seiner Zunft. Der Stadtumbau, sprich Abriss, liegt bei ihm in guten Händen und Bürgerbeteiligung wird inzwischen groß geschrieben. Vorbei die Zeit, in der man das Grenzstädtchen nur mit Nazis und Antifacamps in Verbindung brachte.

Selbst Spremberg ist nicht nur die Stadt des Egon Wochatz, auch wenn der dortselbst einst Bürgermeister war und der SS einen Gedenkstein setzen wollte. „Unsere Ehre heißt Treue“, sollte darauf stehen. Spremberg, das ist auch Schwarze Pumpe, das modernste Braunkohlekraftwerk der Bundesrepublik. Das beschäftigt zwar nur noch einen Bruchteil derer, die früher einmal in Pumpe arbeiteten. Dafür geht dort nun aber ein neuer Radwanderweg los. Sein Name: die Niederlausitzer Bergbautour.

Gleichwohl lässt der Geist von Egon Wochatz die Spremberger nicht mehr ruhen. Nicht, dass sie ihrem SS-Freund ordentlich die Leviten gelesen hätten. Nein, der Volkszorn traf den Landrat des Kreises Spree-Neiße, Dieter Friese. Der SPD-Politiker hatte es nämlich, anders als Brandenburgs Innenminister Jörg Schönbohm, gewagt, den Rücktritt von Wochatz zu fordern. „Wer so etwas tut, hat in der Politik der Bundesrepublik nichts zu suchen“, hatte Friese gefordert. Das finden inzwischen auch die polnischen Politiker im Partnerkreis Zielona Góra.

So viel freimütig formulierter Druck blieb nicht ohne Folgen. Wenn er Wochatz nicht in Ruhe lasse, so wurde dem SPD-Landrat Dieter Friese inzwischen gedroht, werde er sich „die Schnauze verbrennen“ und man würde ihm „die Beine weghauen“.

UWE RADA

Am Dienstag: Dahme-Spreewald