Armeereform soll Kongos Frieden retten

Die Rückkehr von Kongos RCD-Rebellen in die Allparteienregierung ist an Fortschritte bei der Demobilisierung der früheren Bürgerkriegsarmeen gekoppelt. Ein neues Armeegesetz bietet dafür die Grundlage. Südafrika soll helfen

BERLIN taz ■ Das vorläufige Ende der Regierungskrise in der Demokratischen Republik Kongo hat die Demobilisierung der Bürgerkriegsarmeen erneut in den Mittelpunkt der politischen Diskussionen zur Zukunft des Kongo gerückt. Kongos größte Rebellenbewegung, die im Osten des Landes basierte RCD (Kongolesische Sammlung für Demokratie), hatte am Mittwoch die neuntägige Suspendierung ihrer Mitarbeit in der Allparteienregierung des Landes rückgängig gemacht, nachdem Südafrikas Präsident Thabo Mbeki in Kinshasa intensive Gespräche mit ihrem Führer Azarias Ruberwa geführt hatte.

Zeitgleich verabschiedete Kongos Senat nach monatelangem Ringen ein Armeegesetz. Das ist neben Wahl- und Nationalitätengesetzen das wichtigste Reformvorhaben der seit Sommer 2003 amtierenden Allparteienregierung des Kongo, um wie geplant das von fünf Jahren Krieg zerrissene Land wiederzuvereinen und Wahlen 2005 vorzubereiten.

Bisher hat der Kongo zwar einen gemeinsamen Generalstab aus Militärführern aller bisherigen Kriegsfraktionen, die als regionale Militärkommandanten ihre Ämter aufgenommen haben. Informell haben sich hier und da Kämpfer diverser Fraktionen schon unter der neuen Armeebezeichnung FARDC (Streitkräfte der Demokratischen Republik Kongo) zusammengefunden, und eine reguläre FARDC-Brigade ist unter belgischer Anleitung gebildet und in den nordöstlichen Distrikt Ituri entsandt worden. Aber die Mehrheit der Bürgerkriegskämpfer, vor allem im Osten des Landes, stehen noch außerhalb der Armeestrukturen als bewaffnete, unbezahlte und schlecht kommandierte Kräfte.

Das führt dazu, dass lokale Konflikte weitergehen und leicht eine nationale Dimension erhalten – zum Beispiel wenn formell zur FARDC gehörende Milizionäre die Grenze nach Burundi überschreiten und dort kongolesische Banyamulenge-Flüchtlinge massakrieren, wie in der Nacht zum 14. August geschehen. Dieses Massaker, das 163 Tote forderte, war der Grund für den Rückzug der RCD aus der Regierung gewesen. Und eine erste offizielle Demobilisierung von 535 Milizionären in der ostkongolesischen Stadt Kindu führte erst in den letzten Tagen zu bewaffneten Auseinandersetzungen mit anderen Milizionären, die sich benachteiligt fühlten.

Nach den vorliegenden Plänen sollen von insgesamt 320.000 Bürgerkriegskämpfern im Kongo 120.000 in der neuen Armee übrig bleiben und die anderen 200.000 demobilisiert werden. Die Übersicht darüber hat laut Friedensabkommen ein Sicherheitsrat unter Vorsitz von RCD-Führer Ruberwa. Mit der Verabschiedung des Armeegesetzes kann das nun Realität werden. Kongos Verteidigungsminister Jean-Pierre Ondekane (RCD) forderte jetzt Südafrika dazu auf, Hubschrauber und Transportflugzeuge bereitzustellen, um Soldaten zu Demobilisierungszentren bringen zu können.

Ob aus den Absichten Realität wird, hängt aber wesentlich davon ab, ob im Ostkongo Frieden einkehrt. Zu den Erfordernissen hierfür gehört die von UN-Generalsekretär Kofi Annan geforderte Vergrößerung der UN-Blauhelmtruppe im Kongo auf 23.900 Mann, über die der UN-Sicherheitsrat noch nicht entschieden hat. Nötig sind auch politische Mechanismen auf lokaler Ebene zur Befriedung ethnischer Rivalitäten und ökonomischer Machtkämpfe. Weiterhin ungeklärt ist auch die Repatriierung ruandischer Hutu-Milizen aus dem Ostkongo. Diese Herausforderungen sind auch nach dem Ende der Krise in Kinshasa nicht gelöst. DOMINIC JOHNSON