Kussmächte im dunklen Wald

Im Dickicht der Liebe wohnen gar grausliche Ungeheuer. Doch aufgepasst: Dahinter verbergen sich die wahren Helden

Sie sucht ihn. Schön, stark und reich soll er sein. Doch der eine furzt unerträglich, der andere sabbert. Aus der Paul Maars Buch „In einem tiefen, dunklen Wald“ hat das Kinder- und Jugendtheater Moks ein Stück gleichen Namens gemacht. Alle Regeln der guten, alten Märchen werden in der Geschichte um den ersten Kuss auf den Kopf gestellt.

Mit wachsender Zahl der Unzumutbarkeiten, die der schönen und hochmütigen Henriette im Heiratsgeschäft begegnen, wandelt sich ihre Prinzessinnen-Strategie. Nicht bequem im Schloss rumhängen und Schokolade schlürfen, sondern rein ins Leben, um sich von einem echten Helden retten zu lassen. So entwickelt sich das Stück zum modernen Liebesabenteuer, in dem die einzelnen Typen gut getroffen sind. Wer kennt sie nicht – Zicken, denen nichts gut genug ist, verliebte Trottel, die sich tyrannisieren lassen, verkannte Helden, gefangen in ihren Komplexen, Mädchen, die lieber Jungen wären. Im Dickicht der Liebe wohnen gar grausliche Untiere.

Prinzessin Henriette macht sich auf den Weg, um sich vom vegetarischen Monster fangen zu lassen. Diener Lützel muss dabei sie und ihren übervollen Koffer durch den tiefen dunklenWald tragen, die Mücken vertreiben und für Pralinen sorgen. Ach, wie er sie liebt! Doch kaum hat er sie einen Moment aus den Augen gelassen, naht das Untier und schleppt sie ab. Jetzt nur noch auf den mutigen Prinzen warten, so will’s der Plan. Doch herrjeh, da geht ja alles durcheinander: Kein Mannsbild, sondern eine burschikose Geschlechtsgenossin stürzt sich ins Wagnis. Und statt das Untier zu töten, nimmt sie nun wirklich all ihren Mut zusammen: Augen zu, Anlauf – Kuss!

Ob Diener, Untier, Held und Maid, das Ensemble spielt die Figuren überzeugend. Wenige, treffende Requisiten, Musik undLichteffekte erzeugen Märchenatmosphäre: Toll, wie das Untier, von höheren Kussmächten ergriffen, zuckend die Alien-Hülle abschüttelt. Nur das Karomuster-Kleid von Henriette hätte prinzessinnenhafter sein dürfen. Esther Brandau

Nächste Vorstellungen: 11. und 12. Oktober, 13., jeweils 16 Uhr