Türkisch statt Englisch

Die Grünen wollen mehr LehrerInnen mit Migrationshintergrund in den bremischen Schulen etablieren, können dabei aber erst einmal fast nur appellieren

Wie groß das Problem überhaupt ist – unklar. Wie viele LehrerInnen in Bremen einen Migrationshintergrund haben, weiß niemand so genau. Die Bildungsbehörde jedenfalls nicht, sie erfasst diese Zahl gar nicht, darf das auch gar nicht, sagt sie. Die Grünen wissen es ebenfalls nicht, aber auf jeden Fall, sagen sie, müssen es viel mehr werden. Deshalb haben sie jetzt ein Acht-Punkte-Papier vorgelegt.

Silvia Schön, arbeitsmarkt- und wissenschaftspolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion, nennt die Initiative eine „Herzensangelegenheit“. Und findet es zugleich „peinlich“, mit ihr immer noch „Neuland“ zu betreten. In einigen Stadtteilen Bremens haben bereits über 50 Prozent aller SchülerInnen einen Migrationshintergrund, an der Uni sind es fast ein Drittel aller Studierenden. Doch die meisten von ihnen werden lieber JuristInnen oder IngenieurInnen.

Nun fordern die Grünen, Sprachen wie Russisch oder Türkisch bei der Hochschulzulassung besser zu berücksichtigen und die Lehrpläne der Studiengänge entsprechend zu überarbeiten. Die Herkunftssprachen, sagt Schön, müssten deutlich besser wertgeschätzt werden. Mitunter auch zu Lasten des Englischen, dessen Kenntnis beispielsweise in Sozialen Berufen „oft weniger wichtig“ sei als jene des Arabischen, Türkischen oder Russischen. Und wer Deutsch als Zweitsprache spreche, so Schön, habe als LehrerIn einen „großen Vorteil“: Migrantische PädagogInnen seien für die gezielte Deutschförderung in der Schule besser gerüstet. Schließlich seien mangelnde Sprachkenntnisse „immer noch die größte Barriere für eine erfolgreiche Bildungskarriere“.

„Nicht akzeptabel“ finden die Grünen, dass im Ausland erworbene pädagogische Abschlüsse häufig nicht anerkannt werden. „Wenn LehrerInnen aus Weißrussland hier als TaxifahrerInnen arbeiten, dann ist das eine nicht hinnehmbare Verschwendung von Talenten.“ Es müssten Wege gefunden werden, solche Ausbildungen jedenfalls teilweise anzuerkennen. Indes genießen die Hochschulen dabei große Autonomie.

Natürlich seien MigrantInnen nicht per se die besseren LehrerInnen, sagt Zahra Mohammadzadeh, aus dem Iran stammende Abgeordnete der Grünen, ehemals Lehrerin. Ihr gehe es auch nicht um einen „oberflächlichen Multi-Kulti-Ansatz“. Es müssten „positive Vorbilder“ etabliert werden. Dabei können die Grünen in aller Regel nur „werben“, wie Schön zugibt, „appellieren“ oder „Überzeugungsarbeit leisten“. Außer vielleicht, wenn es darum geht, interkulturelle Kompetenz auch bei Stellenausschreibungen im öffentlichen Dienst zu betonen. mnz