amoklauf in winnenden
: Die Schule muss sich verändern

Wer angesichts der furchtbaren Taten eines 17-jährigen Schülers nach mehr Schultorkontrollen, mehr psychologischer Betreuung, mehr Krisenplänen und Antigewaltprojekten ruft, hat Gutes im Sinn. Doch er übersieht etwas: wie überlastet Schulen mit Aufgaben und Erwartungen nämlich bereits sind. Und dass genau das möglicherweise mit zu einem Überdruck führt, der Einzelne zum Rückzug und/oder zum Durchdrehen bringt.

KOMMENTAR VON ALKE WIERTH

SchülerInnen sollen lernen. Möglichst immer schneller und standardisierter, damit man sie weltweit in Konkurrenz setzen kann. Das erzeugt Stress bei Schülern und Lehrern, ist aber noch nicht alles: Schule soll noch viel mehr Aufgaben erfüllen. Sie soll über Rassismus, Sexismus, Diskriminierung, Homophobie und Zwangsverheiratung aufklären, Kindern den richtigen Umgang mit Computerspielen, Drogen, Sekten, Umwelt und möglichst auch miteinander beibringen – und am besten dazu noch jedem Kind ein Instrument. Ach ja, und in all das sollen dann auch noch die Eltern einbe- und wenn nötig miterzogen werden.

Das alles ist ja gut und richtig. Doch damit Schulen all das leisten können, müssen die Voraussetzungen stimmen. Lehrer brauchen mehr Zeit, sich mit SchülerInnen zu beschäftigen, um sie zu fördern, zu ermutigen, unterstützen zu können. Lehrer sind aber keine Sozialarbeiter, Drogenberater oder Familientherapeuten. Es muss deshalb weiteres pädagogisches Personal an die Schulen – und zwar nicht nur im Rahmen kurzer Projekte oder als Notrufnummer am Schwarzen Brett, sondern als präsente Ansprechpartner im Schulalltag. Nur so, nicht bei allseitiger Überforderung, kann Schule ein Lern- und Lebensort sein, der Schüler (und Lehrer) sich entfalten lässt, statt sie unter Druck zu setzen.