neben rehaag
: Beichtstuhl des Amtes wegen

Das Schönste an Verfassungen ist bekanntlich, dass für beinahe jede Deutung ein Interpret zu finden ist. Nicht zuletzt deshalb gibt es kaum ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts, das im Konsens gefällt wurde. Mehrheiten entscheiden auch dort darüber, welche Auslegung künftighin die korrekte zu sein hat. Nicht anders verhält es sich mit Hamburgs Verfassung.

Kommentarvon SVEN-MICHAEL VEIT

Dort steht das Adverbium „unvereinbar“ im Zusammenhang mit Nebentätigkeiten von Senatoren klar und leserlich in Artikel 40 – und gleichwohl droht ein veritabler Streit über die Frage, was als damit vereinbar gelten dürfe. Zuvörderst darüber, ob etwas mit der Verfassung Unvereinbares nicht doch eine Zeit lang konform sein könne.

Der ebenso schlichte wie gemeinhin als gesund geltende Menschenverstand verneint dies ohne Umschweife. Selbst Juristen wie der Fraktionschef der Rechtsstaatlichkeits-Partei FDP scheinen über diesen zu verfügen – warum sonst sollte er in aller Treuherzigkeit vorschlagen, einen Nebenjob-Beichtstuhl einzurichten, vor dem Sünder wider die Unvereinbarkeit beichten, auf dass ihnen ihres Amtes wegen vergeben werde.

Unberührt von juristischer oder christlicher Exegese aber bleibt die politisch-moralische. Und die begründet den Verdacht gegen den Umweltsenator, gegen Recht und Gesetz verstoßen zu haben. Jeder aufrechte Staatsbedienstete bittet in solchen Fällen seine Vorgesetzten um Aufklärung mittels eines disziplinarischen Ermittlungsverfahrens.

Sie sind dran, Herr Rehaag.