Die Kultur ist Bürgerpflicht

Privatisieren, abbauen, umverteilen, neu ausrichten: Die Freien Demokraten dachten auf der Zeche Zollverein laut über Kulturpolitik in NRW nach. Sie wollen messbare Kulturwirtschaft etablieren

AUS ESSEN PETER ORTMANN

Das Motto „Quo vadis Kulturpolitik“ der NRW-FDP-Podiumsdiskussion war schnell beantwortet. „Wir werden es nicht schaffen, die Mittel für Kultur zu erhöhen“, sagte Hans-Joachim Otto, kulturpolitischer Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion. Deshalb müsse der private Anteil an Kultur steigen, Stadtbüchereien und Musikschulen müssten privatisiert, die institutionelle Kultur-Förderung abgeschafft werden und die gesamten Steinkohlesubventionen in NRW sowieso.

Auch Brigitte Capune-Kitka, kulturpolitische Sprecherin der NRW Gelben und Moderatorin der Veranstaltung am Freitagabend in der ehemaligen Umformerhalle auf der Zeche Zollverein, bemängelte die Landesförderung der Kunst und wünschte sich mehr überprüfbare Wirtschaftlichkeit. „Die Förderkriterien im Land sind undurchsichtig, viele Mittel versickern“, behauptete sie. Weniger Mittel förderten die Qualität, deshalb gehörten mehrjährige Absicherungen abgeschafft. Die FDP will nur noch Projekte fördern, die anschließend auf ihren Erfolg evaluiert werden könnten. „Ihr Mondpalast in Wanne-Eickel ist ein gutes Beispiel dafür“ Die ehemalige Stewardess lächelte den für die freie Szene eingeladenen Unternehmer Christian Stratmann an, der schon geraume Zeit mit den Flyern seiner rentablen Komödienbühne wedelte.

Stratmann hat sich im ehemaligen Saalbau der Stadt Herne etabliert und redete von Win/Win Situationen, die mit Blick auf den Publikumsgeschmack möglich seien. „Es müssen in einem Theater auch kritische Stücke gezeigt werden.“ Oliver Scheytt, Kulturdezernent von Essen und Vorsitzender der Deutschen Kulturpolitischen Gesellschaft, versuchte zu widersprechen. Der Erhalt von kultureller Grundversorgung in den NRW-Kommunen habe nichts mit der Förderung freier Künstler zu tun, kulturwirtschaftliche Aspekte führten in den Ruin.

Da wo es Künstler gibt, gebe es eben auch Kulturwirtschaft, konterte Otto, der auch Mitglied der Bundes-Enquetekommision für Kultur ist – „Dann müsste man vielleicht die Künstler fördern“, Olaf Zimmermann, Geschäftsführer des Deutschen Kulturrates versuchte noch einmal einen Vorstoß gegen die gelbe Privatisierungsgefahr in NRW. „Wir können nicht alles regeln“, sagte Otto, den Glauben habe er verloren. Kultur sei gut – gut für die Wirtschaft, und Kultur sei eher Bürgerpflicht. Das sah der Essener FDP-Oberbürgermeisterkandidat Thomas Geer auch so. Als Kommunalpolitiker wünschte er sich mehr Kulturevents für die Stadtentwicklung, auch für den „Wettbewerb der Ruhrstädte.“ Endlich habe Essen eine Philharmonie, aber die sei eben keine Grundversorgung in Zeiten leerer Kassen. Ohne Landesförderung werden in Zukunft nur noch die großen Häuser in den Städten überleben, der Rest sei weg, so Olaf Zimmermann.