Der zu elitäre Sport mit dem Krummstock

Vier Berliner Spielerinnen holten mit dem Hockey-Nationalteam Gold in Athen. Nun hoffen ihre Clubs, Berliner HC und TuS Lichterfelde, auf einen Olympia-Bonus. Denn das Geld fehlt. Die Bundesligistinnen erhalten pro Spiel 8 bis 10 Euro

Reicht die Halbwertszeit von Gold, um den olympischen Erfolg für das Berliner Hockey zu konservieren? Hans Bastian strahlt Optimismus aus. „Die Resonanz nach Athen stimmt mich zuversichtlich. In diesem Zeitumfang war Hockey im Fernsehen noch nie präsent“, sagt der 1. Vorsitzende des Berliner HC. Drei Damen des Zehlendorfer Vereins, Natascha Keller, Badri Latif und Louisa Walter, standen in Griechenland neben Sonja Lehmann (TuS Lichterfelde) im Nationaltrikot ganz oben auf dem Medaillen-Podest. Das öffentlich-rechtliche Fernsehen übertrug live ihren Triumph zur besten Sendezeit. BHC-Stürmer Tibor Weißenborn brachte es mit dem Männerteam zu Bronze.

Auf hoch dotierte Vermarktungs- oder Fernsehverträge wagt Bastian trotzdem nicht zu hoffen. Ihm würde es reichen, wenn die BHC-Aushängeschilder – sowohl die Damen als auch die Herren spielen in der aktuellen Feld-Bundesliga – einmal aus dem Vollen schöpfen könnten. „Für uns“, erklärt der BHC-Chef, „wäre es unheimlich hilfreich, wenn wir pro Mannschaft 100.000 Euro in einer Saison zur Verfügung hätten.“

Die triste Realität ist fünfstellig. „Der Etat unseres Vereins liegt bei 50.000 Euro“, erläutert BHC-Schatzmeister Horst Be cker. Folglich jagen die Asse aus der Wilskistraße als reine Amateure der weißen Kugel hinterher. „Nur ganz wenige haben Verträge mit Schlägerfabrikanten, die anderen müssen ihre Ausrüstung selbst bezahlen“, erzählt Bastian. Pro Auswärtstour gibt es auf der Clubkasse pro BHC-Crack eine überschaubare Tagespauschale zwischen acht und zehn Euro. „Alle müssen selbst sehen, wie sie beruflich auf die Beine kommen. Wir sind eine liebenswerte Randsportart“, resümiert der BHC-Vorsitzende.

Als wichtigste Sponsoren im Spree-Hockey gelten nach wie vor die Lotto-Gesellschaft mit ihren jährlichen Ausschüttungen, die Reisekosten-Zuschussstelle des Senats sowie Zuwendungen von „positiv Verrückten“, wie BHC-Kämmerer Becker die rare Spezies privater Gönner nennt.

Schon vor Olympia startete die „Deutschen Hockey-Agentur“ in Hamburg ein Projekt, das die schnelle Teamsportart für das Fernsehen schmackhafter machen soll. Ob und wann sich der Erfolg einstellt, ist noch offen. Bastian rechnet mit einem Anteil von vier bis sechs Prozent pro BHC-Bundesliga-Mannschaft an den DHA-Erlösen – falls die Sache klappen sollte. Wohl zu wenig, um Hockey auf eine Pop-Ebene mit Fußball zu hieven.

„Das ist auch ein Schichtenproblem. Hockey spielt halt nicht jeder“, sagt Hans-Peter Metter. Noch immer hafte dem Ballzauber mit dem Krummstock etwas Elitäres an, angesiedelt meist im universitären Bereich. Als Abteilungsleiter des TuS Lichterfelde hat Metter gelernt, mit dem Mangel zu leben. „Die Wirtschaft läuft nicht, überall ist das Geld knapp.“

Kurz vor Olympia ist bei TuS Li auch noch der langjährige Hauptsponsor abgesprungen. Ersatz konnte nicht gefunden werden – trotz der goldigen Sonja Lehmann. „Unser derzeitiger Etat liegt bei zirka 30.000 Euro. Wir müssen kräftig sparen“, klagt Metter. Der Mann scheint aus Erfahrung zurückhaltend geworden zu sein. „Es ist ja nicht das erste Mal, dass wir Gold holen.“ Er erinnert an die Olympia-Siege von Carsten Keller (1972) und Sohn Andreas (1992). Aus der Keller-Dynastie des BHC stieg nun auch Carstens Tochter Natascha in den Hockey-Olymp auf. Goldgräberstimmung will der TuS-Li-Macher nach Athen nicht aufkommen lassen. An einen Olympia-Bonus glaubt er dennoch: „Es wird eine Steigerung geben, aber die wird sich in Grenzen halten.“

JÜRGEN SCHULZ