SPD an unterster Untergrenze

Im ehemals roten Saarland bangten die Sozialdemokraten am Wahlabend um ein Ergebnis über 30 Prozent. Mittlerweile ist man Kummer gewohnt

AUS SAARBRÜCKENKLAUS-PETER KLINGELSCHMITT

Nur einer rief im Landtag an der Saar gestern laut „Hurra!“, als um 18 Uhr in der Prognose der ARD die SPD mit 30,5 Prozentpunkten gehandelt wurde. Knapp über der von der Partei als „unterste Untergrenze“ bezeichnete Demarkationslinie von 30 Prozent also, die „bei Strafe des Untergangs“, so der sarkastische Kommentar eines gestandenen Gewerkschafters im Foyer, nicht hätte unterschritten werden dürfen. Den Jubelnden trafen die strafenden Blicke der wenigen Genossen, die sich da schon in den Landtag getraut hatten, wie etwa der Landesvorsitzende des DGB, Eugen Roth. Der hatte im Schattenkabinett von Spitzenkandidat Heiko Maas schon einmal einen Ministerposten übernommen. Im „Schatten“ bleibt er jetzt. Minus knapp 15 Prozent. Das ist auch bei einem Ergebnis über dreißig Prozent eine Katastrophe für die einst so erfolgsverwöhnte SPD im Saarland.

Das war jetzt auch keine Überraschung: dass die Union, respektive der „schwarze Peter“ Müller fast im Alleingang, die Landtagswahlen mit Bravour gewonnen hat. Die Demoskopen haben das vorausgesagt. Während die Partei von Müller bei den letzten Landtagswahlen 1999 gerade einmal 6.000 Stimmen Vorsprung vor der SPD unter dem damaligen Ministerpräsidenten Reinhard Klimmt hatte, räumte die CDU an diesem Sonntag regelrecht ab. Knapp 100.000 Stimmen Vorsprung sind es jetzt bei einer erbärmlichen Wahlbeteiligung, die zulasten der großen Parteien ging; vor allem der SPD, die an Grüne, FDP und wohl auch NPD (3 plus) und eine neue „Familienpartei“ Prozentpunkte abgeben musste. Dabei blies den Sozialdemokraten wegen der so genannten Arbeitsmarktreform Harz IV und den aktuellen Eskapaden des gewesenen saarländischen Ministerpräsidenten und Landes- und Bundesparteivorsitzenden Oskar Lafontaine der Wind diesmal ohnehin schon besonders heftig ins Gesicht.

Mit der erneuten absoluten Mehrheit für die CDU honorierten die Wähler an der Saar ganz offenbar auch, dass ihr Bundesland in den vergangenen fünf Jahren als „Aufsteigerland“ firmierte – und Müller von der Initiative Soziale Marktwirtschaft (ISM), eine der Union nahe stehende Organisation, sogar zum Ministerpräsidenten des Jahres gewählt wurde. Tatsächlich wuchs zwar das Bruttosozialprodukt stärker als im Bundesdurchschnitt, doch bei Kampf gegen die Arbeitslosigkeit scheiterte auch Müller: 60.000 neue Jobs wollte er schaffen – 16.000 weniger Arbeitsplätze sind es geworden, trotz der abgesenkten Gewerbesteuerhebesätze und der innovativen – kostenintensiven – Investitionspolitik der Landesregierung. Die Wirtschaft lobt das „unternehmerfreundliche Klima“. Und Müller setzt immer noch darauf, mit der Ansiedlung von Unternehmen „mit Zukunftstechnologien“ mittelfristig auch am Arbeitsmarkt Erfolge erzielen zu können.

Die Sozialdemokaten saßen dagegen zwischen allen Stühlen. Zwischen „Saurierindustrie“ (Bergbau) und Modernisierung. Zwischen dem brutal gegen die eigenen Genossen in Berlin agitierenden Lafontaine und einem auf gemäßigte Reformen setzenden Heiko Maas, dem am Sonntag die Quittung für das ganze „Missmanagement bei der SPD überall“, so eine Landtagsabgeordnete der Union schadenfroh, präsentiert worden sei. Ein Kopf-an-Kopf-Rennen gab es nur bei der OB-Wahl in Saarbrücken zwischen SPD und CDU. Hier wird eine Stichwahl erforderlich.