Protest im Iran

Mit einem „politischen Fasten“ fordern Abgeordnete und Intellektuelle die Abschaffung von Folter und Willkür

BERLIN taz ■ 251 Parlamentarier, Professoren, Journalisten und Intellektuelle haben gestern in der Zentrale der Regierungspartei „Moschrekat“ gegen die Situation in den iranischen Gefängnissen gestreikt. Die Aktion, die sie als „politisches Fasten“ bezeichneten, richtete sich gegen willkürliche Festnahmen, gegen Folter und Misshandlung der Gefangenen. Es ist das zweite Mal in diesem Monat, dass ein solcher Protest in Teheran stattfindet. Am 17. September hatte eine kleinere Gruppe von Abgeordneten und Journalisten mit einem eintägigen Fasten die von Konservativen beherrschte Justiz aufgefordert, der „permanenten Missachtung der Gesetze in den Gefängnissen“ ein Ende zu setzen.

In der Erklärung der 251 Streikteilnehmer, die an das iranische Volk gerichtet ist, heißt es: „Wir hatten gehofft, dass unsere Botschaft vom 17. September, die in der Bevölkerung eine breite Unterstützung fand, die Verantwortlichen zum Nachdenken und Handeln bewegen würde. Doch zu unserem Bedauern müssen wir feststellen, dass kein positiver Schritt gegen die unerträgliche Lage, in der sich zahlreiche Gefangenen befinden, unternommen wurde. Im Gegenteil, die Nachrichten, die uns täglich aus den Gefängnissen erreichen, sind höchst besorgniserregend.“

Zu den Teilnehmern des Streiks gehörten namhafte Abgeordnete wie der Vorsitzende des Ausschusses für Außenpolitik und nationale Sicherheit, Mohsen Mirdamadi. Die Teilnehmer erklärten, sämtliche bisherigen Versuche des Parlaments, die Lage in den Gefängnissen zu ändern, seien gescheitert.

Die Ankündigung fand ein großes Echo im Land. Einige bekannte Persönlichkeiten, die der „National-Religiösen Strömung“ angehören wie Azam Taleghani und Ezatollah Sahabi, erklärten ihre Solidarität mit den Streikenden. Sahabi selbst, der nach längerer Haft erst vor kurzem entlassen wurde, hatte nach seiner Freilassung von schweren physischen und psychischen Folterungen berichtet, die gegen ihn verübt wurden. Zahlreiche Studentenorganisationen in den Großstädten unterstützten die Forderungen der Streikenden.

Auch im Ausland begrüßten verschiedene iranische Oppositionsgruppen die Initiative der Parlamentarier. Die Organisation der Volksfedajin (Mehrheit) verbrachte den letzten Tag ihres Kongresses mit Fasten. In einer Erklärung des neu gegründeten „Bündnisses der Republikaner“ heißt es: „Willkürliche Verhaftungen von Journalisten, Schriftstellern und Intellektuellen, physische und psychische Folterungen, die zur Zerstörung der Persönlichkeit der Gefangenen führen, gehören zum iranischen Alltag.“ Das Bündnis unterstütze jede Initiative, die sich gegen die Willkürmaßnahmen richte.

BAHMAN NIRUMAND