Grüne überlächeln Protest

Kurz vor der Kommunalwahl will die grüne Landesspitze keine grünen Montags-DemonstrantInnen sehen. Sie fordert kleine Korrekturen an Hartz und freut sich auf „zehn Prozent plus X“

aus DÜSSELDORFANNIKA JOERES

Mit einem Lächeln reagiert die grüne Landesspitze auf parteiinterne KritikerInnen: „Wir können damit leben, wenn einzelne Kreisverbände an den Montagsdemos teilnehmen“, sagte die Landesvorsitzende Britta Haßelmann gestern in Düsseldorf. Schließlich seien die Grünen eine demokratische Partei und unterschiedliche Meinungen ausdrücklich erwünscht.

So gelassen sieht die Parteispitze ihre QuerulantInnen, die zum Beispiel in Bochum gegen Hartz auf die Straße gingen, allerdings nicht. Vor zwei Wochen schickte sie Briefe an ihre örtlichen Ableger, in denen sie fordert, nicht an den Montagsdemos teilzunehmen. „Wir halten es nicht für sinnvoll, auf die Straße zu gehen“, sagt Haßelmann. Für sie sei völlig klar: „Wir stehen zu den vereinbarten Reformen.“

Für die Grünen vor Ort ist das weniger klar. „Protest ist absolut richtig“, sagt der Münsteraner Kreisvorsitzende Wilhelm Achelpöhler. Sein Kreisverband verschickt gerade bundesweit ein Flugblatt, sein Titel: „Soziale Sicherung statt Hartz IV“. Das Schreiben könnte auch aus der Feder von Attac-Mitgliedern oder anderen DemonstrantInnen stammen. Dort heißt es, dass mit Hartz IV „Armut normal wird“, die Reform führe zu „Jobs mit Armutslöhnen“. „Es gibt für uns keinen Grund, Hartz IV gegen berechtigte Kritik zu verteidigen“, sagt Achelpöhler. Sämtliche Beschlüsse der Grünen Partei würden ihn da unterstützen.

Auch die Bochumer Grünen hakten sich gestern wieder bei wütenden DemonstrantInnen ein. Ihr Oberbürgermeisterkandidat Wolfgang Cordes hatte in einem taz-Interview sogar gefordert, wegen Hartz IV aus der Koalition auszusteigen. Die Reform verändere die Arbeitswelt und die Gesellschaft so stark, dass Neuwahlen angebracht seien. „Wenn Grüne, SPD und Gewerkschaften gemeinsam gegen den Abbau des Sozialstaates angehen würden, wäre er nicht durchsetzbar“, sagte Cordes.

Die Landesvorsitzenden wollen davon nichts hören. „Wir haben für Verbesserungen, etwa beim Mindestlohn, gekämpft“, sagt Haßelmann. Auf Druck der CDU seien diese aber nie zustande gekommen. Trotzdem hätten die Grünen richtig gehandelt und den Menschen offen gesagt, was auf sie zukäme. Und das erfolgreich: Haßelmann rechnet bei der Kommunalwahl mit landesweit zweistelligen Ergebnissen. Noch vor fünf Jahren hatten die NRW- Grünen mit 7,3 Prozent ihr bis dato schlechtestes Ergebnis an Rhein und Ruhr geholt.

Landeschef Frithjof Schmidt kommt die Debatte mit Hartz-Kritikern wie zum Beispiel attac sowieso bekannt vor. „Das ist das übliche Geschäft, so etwas hatten wir auch schon mit Greenpeace zum Atomausstieg.“