Sparen macht krank

Arbeitswissenschaftler warnen vor einer Ausweitung der Arbeitszeit bei der BSAG von 37 auf 40 Stunden

Bremen taz ■ Die geplanten Einsparungen bei der Bremer Straßenbahn AG (BSAG) könnten für die MitarbeiterInnen nicht nur im wirtschaftlichen, sondern auch im ganz wörtlichen Sinne schmerzhaft sein. Davor warnt jetzt die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin.

Deren Leiterin Angelika Pensky lehnt deshalb die geforderte Verlängerung der wöchentlichen Arbeitszeiten von 37 auf 40 Stunden als „nicht sinnvoll und ökonomisch ineffizient“ ab. Vorstand und Aufsichtsrat der BSAG hingegen wollen diese Forderung in den aktuellen Tarifverhandlungen durchsetzen – und hoffen, so das Unternehmen vor der Pleite retten zu können. Schließlich soll der Zuschuss, den die BSAG aus dem Bremer Landeshaushalt bezieht, von heute 74 auf 43 Millionen im Jahre 2010 sinken. Das ist nur noch die Hälfte dessen, was die BSAG noch 1999 erhielt. Neben den Arbeitszeiten stehen deshalb auch der Anspruch auf Urlaubs- und Weihnachtsgeld zur Diskussion.

Zwar könne eine Arbeitszeit-Verlängerung kurzfristig durchaus zu Einsparungen führen, räumt die Expertin für Arbeitsschutz, Pensky, ein. Auf lange Sicht sei jedoch das Gegenteil der Fall. Bereits nach der siebten Arbeitsstunde nehme das Unfallrisiko exponentiell zu, gerade bei einer so einseitigen und ermüdenden Arbeit wie dem Fahren von Straßenbahnen und Bussen. Hinzu kämen die gesundheitlichen Risiken, die mit einer Verlängerung der Arbeitszeiten einhergingen. Das alles zusammen koste Geld – beim Arbeitgeber ebenso wie im gesamten Gesundheitswesen.

Wissenschaftliche Untersuchungen ließen einen Anstieg bei Herz-Kreislauf- oder Magen-Darm-Erkrankungen erwarten, so der Arbeitspsychologe Prof. Friedhelm Neureiner von der Universität Oldenburg. Auch die psychische Belastung nehme zu. Keine Zeit für Erholung bleibe, wenn die Dienste in einem Schichtbetrieb wie der BSAG aufgeteilt würden – und die Arbeitnehmer zwar nur kurze Schichten arbeiten würden, aber dazwischen nicht nach Hause fahren können um abzuschalten.

„Dabei haben wir es hier mit einem Hochrisikoberuf zu tun“, so Neureiner. Das zeige sich etwa daran, dass der durchschnittliche Krankenstand bei Verkehrsbetrieben mit zehn Prozent dreimal so hoch sei wie bei Unternehmen aus anderen Branchen. Eine Reduzierung der Ausfallzeiten schon um ein Prozent, so Pensky, berge für das Unternehmen ein erhebliches Einsparungspotential. „Das erreicht man nicht durch Mehrarbeit“.

Hartmut Resch, ehemals Arbeitsdirektor bei der BSAG und heute für das Bildungszentrum der Verkehrsbetriebe tätig, sieht aber noch ein anderes Problem: In Zukunft werden alle FahrerInnen der BSAG arbeiten müssen, bis sie 65 sind. Dann sei mit noch höheren Ausfallzeiten zu rechen.

Jan Zier