Wochenübersicht: Bühne
: Esther Slevogt betrachtet das Treiben auf Berlins Bühnen

„Der Bastard“, Parochialkirche, Premiere Mo.

Barry-Graves-Event, Brotfabrik Mi.

In Berlin liegt der Broadway manchmal in der Hardenbergstraße, wo es im Renaissance-Theater handwerklich hochklassige Boulevard-Stücke gibt. Donnerstag hat hier zu Saisonbeginn die „Geschichte einer Liebe“, ein Stück der australischen Dramatikerin Joanna Murray-Smith, Premiere. Im Mittelpunkt steht das Paar Honour und George, beide um die sechzig und als eher glücklich zu bezeichnen. Dann verliebt sich George in eine Frau, die seine Tochter sein könnte. Das Stück gelangte schon vor fast zehn Jahren in einer szenischen Lesung mit Meryl Streep in New York zu beträchtlichem Ruhm, weil es nicht bloß um die Gefühle einer verletzten Frau, sondern auch um einen handfesten Generationskonflikt geht, in dem über Frauenbilder gestritten wird. In Berlin wird Honour von Judy Winter gespielt. Die Unternehmensberater sind als böse Buben jetzt in aller Munde, und auch die Schriftstellerin Kathrin Röggla hat sich ausführlich mit den Phänomen befasst. In ihrem Roman „Wir schlafen nicht“ hat Röggla monatelange Interviews mit Unternehmensberatern zum atemlosen Bild einer neoliberalen Arbeitsgesellschaft verdichtet, die keine Rücksicht auf die Bedürfnisse des Einzelnen mehr kennt. Der Regisseur Jörg Giese hat den Roman jetzt für das Theater bearbeitet. Premiere Donnerstag in den Josetti-Höfen. In der Parochialkirche spielt das bildmächtige Berliner Ikaron-Theater um den chilenischen Regisseur Carlos Medina einen unveröffentlichten Text von Volker Braun: „Der Bastard“. Medina emigrierte nach dem Putsch gegen Allende in die DDR und inszenierte als erster ausländischer Regisseur 1974 am BE, arbeitete später als Regisseur am BE und Schillertheater. Vor zehn Jahren starb außerdem der legendäre SFB-Radiomoderator Barry Graves. Die Brotfabrik erinnert an die Westberliner Radiolegende am morgigen Mittwoch mit einem Event.

„Wir schlafen nicht“, Josetti-Höfe, Premiere Do.

„Geschichte einer Liebe“, Renaissance-Theater, Premiere Do.