Hauptstadtklausel fließt dahin

Heute diskutiert die Föderalismuskommission, den Bund per Grundgesetz zum Zahlmeister Berlins zu machen. Doch Wowereits Idee scheint chancenlos. Für die Verfassungsklage ist das wenig nützlich

VON STEFAN ALBERTI

Nein, nein, dementiert die Finanzverwaltung des Senats, die Verfassungsklage auf Schuldenhilfe sei nicht gefährdet. Und gesteht dann doch ein, dass eine Hauptstadtklausel im Grundgesetz „sicher nützlich“ wäre. Eine solche Änderung hat der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) der Föderalismuskommission von Bund und Ländern vorgeschlagen. Doch bevor deren Projektgruppe „Hauptstadt“ sie heute erstmals debattiert, scheint Wowereits Forderung weitgehend gescheitert. Denn die Bundesregierung zieht voraussichtlich nicht mit.

Für seinen Änderungsvorschlag hatte sich Wowereit Artikel 22 rausgesucht, den drittkürzesten des Grundgesetzes. Der sagt bis jetzt nur, das die Bundesflagge schwarz-rot-gold ist. Künftig soll er laut Wowereit Berlin als Bundeshauptstadt festschreiben. Der Regierende Bürgermeister geht aber noch weiter: Die Änderung soll den Bund auch als Zahlmeister Berlins festschreiben. Der Stadt sollen alle „hauptstadtbedingten Sonderbelastungen“ bezahlt werden. Dazu gehören Sicherheit, Repräsentation und Kultur, für die der Bund teils schon aufkommt.

Berlins Klage auf Schuldenhilfe setzt zwar eine solche Grundgesetzänderung nicht voraus, denn sie basiert auf bereits geltendem Recht. Dennoch würde eine Hauptstadtklausel Berlins Ansprüche sichtlich befördern. „Es geht ja nicht nur darum, juristisch Erfolg zu haben“, sagt der Sprecher der Finanzverwaltung, Matthias Kolbeck. Es müsse sich auch ein Verständnis für die Nöte des Landes entwickeln. Dazu könnte für Kolbeck eine Hauptstadtklausel einiges beitragen. Berlin ist mit über 54 Milliarden Euro verschuldet und bezieht sich bei seiner Klage auf erfolgreiche Beispiele des Saarlands und Bremens.

Senatssprecher Michael Donnermeyer legte Wowereits Vorschlag als eine Art Maximalforderung aus. Der Regierende Bürgermeister hatte schon im Juli eingeräumt, die Bundesregierung halte eine Neuregelung nicht für notwendig.

CDU-Fraktionschef Nicolas Zimmer nannte Wowereits Initiative deshalb „eine PR-Nummer, die von vornherein zum Scheitern verurteilt war“. Zimmers Logik: Der Bund müsse sie gezwungenermaßen abweisen, weil eine Klausel ihn bei der Berliner Verfassungsklage „in eine weitaus schlechtere Position gebracht hätte“. Einer Niederlage baut aber auch die SPD schon vor: Landes- und Fraktionschef Michael Müller hält es für „letzten Endes zweitrangig“, ob Berlins Finanzen direkt im Grundgesetz oder in einem ergänzenden Gesetzt geregelt werden.

Senatssprecher Donnermeyer kritisierte zudem Grünen-Fraktionschef Volker Ratzmann, der zu den beratenden Mitgliedern der Kommission aus den Landtagen gehört. Ratzmann ist sich mit Wowereit einig, Berlin als Hauptstadt in die Verfassung zu schreiben, sagt aber: „Die Finanzierung der Hauptstadt kann nicht im Grundgesetz geregelt werden.“ Donnermeyers Reaktion: „Eine solche Äußerung hilft uns bei gerade erst beginnenden Verhandlungen nicht weiter.“