GEGEN HOHE STROMPREISE HILFT NUR WECHSEL DER STROMANBIETER
: Mächtig teuer

Eine alte Regel der Markwirtschaft besagt: Teures Gut wird seltener gekauft als billiges. Insofern darf das grüne Herz jetzt lachen. Strom soll ab Januar etwa 35 Euro pro Jahr und Haushalt teurer werden. Was Stromspartipps und Kampagnen bislang nicht schafften, könnte jetzt Realität werden – vorausgesetzt, die These stimmt: Teurer Strom ist ökologisch gut. Immerhin beweist die Ökosteuer: Auch teurerer Sprit wird sparsamer eingesetzt. Blieb der Absatz in den 90ern weitgehend konstant, brach er seit Einführung der Ökosteuer um 15 Prozent ein.

Ist teurer Strom also guter Strom? Mitnichten. Zwar ist sein Preis in den letzten zehn Jahren um 8,5 Prozent gestiegen, trotz Marktliberalisierung. Statt zu sinken, ist aber auch der Verbrauch gewachsen – in derselben Größenordnung. Völlig zu Recht regt sich derzeit alles über 35 Euro mehr für Strom auf. Dagegen tut aber kaum jemand etwas. Obwohl es ein Leichtes wäre, sich zu wehren: Wer seinen Saft von einem alternativen Anbieter bezieht, kann schon heute stellenweise fast das Doppelte der angekündigten Preiserhöhung sparen – 65 Euro. Gewechselt haben nicht mal 2 Prozent. Dieses Phänomen liegt am Produkt: Anders als die Tankfüllung ist Strom sinnlich nicht wahrnehmbar. Der Stromzähler ist hinterm Schuhregal versteckt. Und die Tankfüllung wird online bezahlt, die Stromrechnung aber per Dauerauftrag.

In diesem Fall schadet Strom, der teurer wird, der Umwelt: Zwar widerlegen es die blanken Fakten – trotzdem muss die ökologische Erneuerung der Energiewirtschaft als Sündenbock herhalten. Die Konzerne begründen ihre Rechnung zu unseren Lasten mit mehr regenerativer Energie in ihren Netzen. Obwohl die geplante Erhöhung dreimal mehr Geld in ihre Kassen spült, als das gesamte Erneuerbare-Energien-Gesetz kostet – ein negativer Geschmack bleibt. Der Strompreis zeigt derzeit nichts anderes an als die Macht, die die Stromriesen besitzen. 4 Konzerne beherrschen über 90 Prozent des deutschen Markts – und werden alles tun, damit das so bleibt. Den Stromanbieter zu wechseln ist deshalb nicht nur eine ökologische Tat. Sondern auch eine demokratische. NICK REIMER